Ausbreitung von Hepatitis E in den sudanesischen Geflüchtetencamps im Tschad – das Schicksal der Menschen bleibt dramatisch

Seit März 2022 führen Ärzte ohne Grenzen und das südsudanesische Gesundheitsministerium gemeinsam eine Impfkampagne gegen Hepatitis E in Bentiu, Südsudan, durch.

Sudan4 Min.

Hepatitis E breitet sich in den Geflüchtetencamps im Osten des Tschad aus, wohin mehr als 550 000 Menschen vor dem Konflikt im benachbarten Sudan geflohen sind, warnt die internationale medizinische Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF). Die Übertragung von Hepatitis E wird durch den Mangel an sauberem Trinkwasser und die katastrophalen hygienischen Bedingungen in den Camps, die über die tschadische Provinz Ouaddaï verstreut sind, verschärft.

«Der Krieg im Sudan ist vor bald einem Jahr ausgebrochen und das Schicksal der Menschen, die in den Tschad geflohen sind, bleibt dramatisch», sagt Erneau Mondesir, medizinischer Koordinator von Ärzte ohne Grenzen in Adré. «Nicht nur die Gesundheit der geflüchteten Menschen ist bedroht, sondern auch diejenige der Menschen, die sie aufnehmen.»

Hepatitis E ist eine hochansteckende Virusinfektion, die hauptsächlich über verseuchtes Wasser übertragen wird. Sie gefährdet vor allem Menschen, die in überfüllten Umgebungen unter  prekären hygienischen Bedingungen leben. Die Krankheit, die eine Entzündung der Leber verursacht, ist besonders gefährlich für schwangere Frauen, und kann bei ihnen sogar tödlich verlaufen. 

Die Situation ist in allen Camps katastrophal. Wenn wir nicht schnell die hygienische Infrastruktur und den Zugang der Menschen zu sauberem Wasser verbessern, riskieren wir einen Anstieg vermeidbarer Krankheiten sowie Todesfälle.

Erneau Mondesir, medizinischer Koordinator von Ärzte ohne Grenzen in Adré

Die Teams von Ärzte ohne Grenzen haben in den Camps Adré, Aboutengue, Metché und Al-Acha einen Anstieg der Hepatitis-E-Fälle festgestellt. Dieser hängt direkt mit dem eingeschränkten Zugang zu sauberem Wasser sowie der beschränkten Anzahl an Hygieneeinrichtungenzusammen. Bisher hat Ärzte ohne Grenzen 954 Hepatitis-E-Fälle unter Geflüchteten registriert, darunter waren elf schwangere Frauen. Die meisten Fälle (469) wurden in  Adré registriert, wo 122 000 Menschen auf ihre Umsiedlung in dauerhaftere Camps warten. In Aboutengue wurden 292 Fälle, in Métché 132 und in Al-Acha 41 Fälle festgestellt.

In den Camps sind die hygienischen Verhältnisse sehr prekär: In Adré gibt es eine Latrine auf ca. 700  Personen, in Metché müssen sich 225 Personen eine Latrine teilen

Ärzte ohne Grenzen stellt derzeit mehr als 70 Prozent der Wasserversorgung in Adré, Aboutengue, Metché und Al-Acha bereit. Trotz dieser Bemühungen erhalten die Menschen täglich nur 11 Liter sauberes Wasser pro Person. Dies liegt weit unter den 20 Litern pro Person und Tag, die in Notsituationen empfohlen werden. 

Mit dem bevorstehenden Beginn der Trockenzeit, die normalerweise von April bis Mai dauert, werden die hohen Temperaturen zu einem erhöhten Wasserbedarf führen, während die Grundwasserreserven abnehmen dürften. 

Trotz unserer anhaltenden Bemühungen gibt es nicht genügend humanitäre Hilfe im Osten des Tschad, aufgrund unzureichender Finanzierung und der geringen Präsenz humanitärer Organisationen vor Ort. Dies führt zu grossen Lücken bei der Versorgung mit Nahrungsmitteln, Wasser und sanitären Einrichtungen

Erneau Mondesir, medizinischer Koordinator von Ärzte ohne Grenzen in Adré

Seit Mai 2023 leisten die Teams von Ärzte ohne Grenzen lebensrettende Hilfe für sudanesische Geflüchtete entlang der Grenze zum Tschad. Als Reaktion auf den Anstieg der Hepatitis-E-Fälle intensiviert die Hilfsorganisation ihre Aktivitäten zur Gesundheitsförderung, insbesondere bei schwangeren Frauen und jungen Müttern. Die Bevölkerung soll so darüber aufgeklärt werden, wie sie sich vor der Krankheit schützen und ihre Ausbreitung verhindern kann.  

Ärzte ohne Grenzen ruft internationale Geldgeber und humanitäre Organisationen dazu auf, ihre Unterstützung dringend zu intensivieren. Nur wenn die sanitären Einrichtungen verbessert und in allen offiziellen und informellen Geflüchtetencamps sowie Siedlungsgebieten sauberes Wasser bereitgestellt wird, kann die drohende Gesundheitskrise verhindert werden.