Syrien: Tausenden Frauen und Kindern fehlt es im Al-Hol-Camp am Nötigsten

Syrien, Al Hol, 01. April 2019

Syrien2 Min.

Mehr als 70.000 Geflüchtete, fast alle von ihnen Frauen und Kinder, werden im Flüchtlingslager Al-Hol im Nordosten Syriens von lokalen Sicherheitskräften festgehalten. Sie leben dort unter alarmierend schlechten Bedingungen– es fehlt an Wasser, Sanitäranlagen und medizinischer Versorgung. Viele Kinder sind mangelernährt und sterben an vermeidbaren Krankheiten. Ärzte ohne Grenzen fordert eine Ausweitung der humanitären Hilfe, auch im besonders überwachten Teil des Lagers.

Die meisten der Bewohner des Camps wurden bei den letzten Kämpfen zwischen dem sogenannten Islamischen Staat (IS) und den „Demokratischen Kräften Syriens“ (SDF) im Gouvernement Deir ez-Zor vertrieben und kamen zwischen Dezember 2018 und März dieses Jahres oft in desolatem Zustand in Al-Hol an. Sie hatten wochenlang in der Nähe der Front überlebt, ohne ausreichend Nahrung und ohne medizinische Versorgung. Dazu kam die beschwerliche Reise unter extremen Wetterbedingungen. 

Syrien, Al Hol, 01. April 2019

Am 12. März war das MSF-Gesundheitszentrum komplett funktionsfähig und konnte bereits die ersten Patienten aufnehmen. Flüchtlingslager Al-Hol, Gouvernement al-Hasaka

© MSF

Im Al-Hol-Camp leben nach Behördenangaben nun etwa 73 000 Menschen, 94 Prozent von ihnen sind Frauen und Kinder, und sie haben von allem zu wenig: Nahrung, Wasser, Unterkünfte, Sanitäranlagen und medizinische Hilfe. Obwohl es eine gewisse Grundversorgung gibt, ist die nicht für alle gleichermassen zugänglich. Im sogenannten Annex-Bereich leben 11 000 Nicht-Syrer, davon sind 7000 Kinder. Sie haben keinen Zugang zu den wenigen, vorhandenen Gesundheitseinrichtungen. Aus Sicherheitsbedenken verhindern die Behörden, dass sich die Menschen aus diesem Bereich frei im Lager bewegen. Viele werdende Mütter habe keine andere Wahl, als in ihren Zelten zu gebären. 

«Einige humanitäre Organisationen und Geber bieten in bestimmten Bereichen des Lages keine Hilfe an, weil sie annehmen, dass die Menschen dort einer bestimmten Gruppierung nahe stehen», sagt Will Turner, Notfallkoordinator für Syrien. Doch: «Jeder Mensch hat ein Recht auf schnelle medizinische und humanitäre Hilfe unabhängig von Hintergrund, Nationalität, Status und Herkunft.»

Syrien, Al-Hol, 26. Februar 2019

MSF-Mitarbeitende bei der Schulung des Triage-Teams im Aufnahmebereich vor der Ankunft von rund 2000 Personen. Sie waren vor der letzten Gruppe des Islamischen Staats aus Deir ez-Zor geflohen.

© MSF

Auch in anderen Bereichen des Lagers entspricht die Versorgung mit Wasser und Sanitäranlagen nicht den für eine Krise vorgeschriebenen Minimalstandards. «Wir haben Patientinnen und Patienten mit akutem wässrigen Durchfall, der auf die schlechte Versorgung mit Wasser und Sanitäranlagen zurückzuführen ist», sagt Turner. «Mit dem Sommer steigen die Temperaturen. Das bereitet uns Sorgen angesichts der Bedingungen, unter denen die Menschen hier leben. Kein Kind sollte an Dehydrierung oder vermeidbaren Krankheiten sterben, weil es keinen Zugang zu grundlegender medizinischer Versorgung hat.»

Ärzte ohne Grenzen weitet die Aktivitäten sowohl innerhalb als auch ausserhalb des Lagers aus. Die humanitäre Hilfe im Al-Hol-Camp muss insgesamt verstärkt werden. Hilfsorganisationen müssen zu allen Bereichen des Lagers Zugang erhalten, und die Menschen müssen gerecht und menschlich behandelt werden, so wie es das humanitäre Völkerrecht vorsieht.