MSF unterstützt Kamerun im Kampf gegen Covid-19

MSF richtet im Regionalspital von Buea, Kamerun, eine Isolierstation mit 20 Betten für Covid-19-Patienten ein.

Kamerun6 Min.

Kamerun ist inmitten der weltweiten Covid-19-Pandemie eines der Länder mit den höchsten Fallzahlen in Subsahara-Afrika. Seit Bekanntgabe des ersten bestätigten Falls am 5. März ist die Zahl der Infektionen rapide angestiegen und Mitte April gab es bereits mehr als 850 bestätigte Fälle.

Die Pandemie breitet sich zu einer Zeit aus, in der das Land vor grossen humanitären Herausforderungen steht. Seit mehreren Jahren leidet Kamerun unter der Gewalt in den Regionen im Nordwesten und Südwesten sowie dem Konflikt im Nordosten Nigerias. Diese Situation führte zu der Vertreibung von Hunderttausenden von Menschen, einem starken Anstieg des humanitären Hilfsbedarfs und drastisch eingeschränktem Zugang zu medizinischer Versorgung für die besonders hilfsbedürftigen Menschen in dieser Region.

Medizinische Hilfe fortsetzen und anpassen

Es hat für uns höchste Priorität, unsere medizinischen Aktivitäten für diese Bevölkerung mit einem bereits sehr hohen Bedarf an Gesundheitsleistungen aufrechtzuerhalten.

Albert Viñas, MSF-Nothilfekoordinator in Kamerun

«Wir dürfen über die Covid-19-Pandemie nicht die katastrophale Situation in den Regionen Hoher Norden, Nordwesten und Südwesten vergessen. Dennoch mussten wir unsere Projekte aufgrund der Ausbreitung des Virus natürlich an die neue Situation anpassen. Konkret heisst das, dass wir die bestehenden Aktivitäten weiterführen und zusätzlich neue Leistungen anbieten.»

Wie in zahlreichen anderen Ländern unterstützt Ärzte ohne Grenzen auch in Kamerun die Behörden im Kampf gegen das Virus. Unsere Teams leisten unter anderem Hilfe in mehreren Spitälern, die Covid-19-Patienten behandeln, beispielsweise durch verstärkte Präventions- und Kontrollmassnahmen und die Einrichtung von Isolationsstationen.

«In Kamerun, wie in vielen anderen afrikanischen Ländern auch, ist diese Unterstützung sehr wichtig. Denn wenn Patienten mit schweren Komplikationen – wie derzeit in Europa oder Nordamerika – in die Spitäler strömen, sind die Behandlungskapazitäten hier sehr begrenzt», so Viñas.

Pro 1 Million Einwohner nur fünf Intensivstation-Betten

Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stehen in 43 afrikanischen Ländern insgesamt nur weniger als 5000 Intensivstation-Betten für Covid-19-Patienten zur Verfügung. Das sind rund fünf Betten pro 1 Million Einwohner, während es in Europa 4000 Betten pro 1 Million Einwohner gibt. Zudem stehen in den öffentlichen Spitälern von 41 Ländern des Kontinents weniger als 2000 Beatmungsgeräte bereit.

«Auch ein grosser Teil des Gesundheitspersonals und der Menschen, die an vorderster Front gegen das Virus kämpfen, laufen Gefahr, von der Pandemie getroffen zu werden», sorgt sich Viñas. «Es ist daher unumgänglich, sie zu schützen, einen sicheren Patientenfluss sicherzustellen sowie die Triage und die Präventions- und Kontrollmassnahmen in den Gesundheitseinrichtungen zu verstärken.»

Grosse Erfahrung mit Epidemien in Kamerun

Ärzte ohne Grenzen ist seit über 30 Jahren in dem Land tätig und hat mehrere Einsätze zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten wie HIV/Aids, Buruli-Ulkus, Masern und Cholera durchgeführt. Erst kürzlich haben wir auf die Choleraepidemie auf der Halbinsel Bakassi im Südwesten des Landes reagiert und fast 40 000 Menschen geimpft.

Das ist auch der Grund, warum wir schnell von den Gesundheitsbehörden um Unterstützung im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie gebeten wurden. Wir begannen mit spezifische Aktivitäten in unseren regulären Einsatzgebieten sowie in der Hauptstadt Yaoundé.

In Yaoundé

  • Ärzte ohne Grenzen unterstützt das Allgemeinspital bei der Triage, dem Patientenfluss und der Verstärkung der Massnahmen zur Infektionskontrolle.
  • Zudem starteten wir mit dem Bau von 4 Krankenzimmern mit je 20 Betten im Gesundheitszentrum von Djongolo, um die Kapazität von 54 auf 134 Betten zu erhöhen.

Im Nord- und Südwesten

  • Ärzte ohne Grenzen leistet auch Hilfe in den Regionalspitälern von Bamenda und Buea. Wir haben am Eingang zu diesen Einrichtungen Stationen zur Vorsortierung vor der eigentlichen Triage aufgebaut und die Kapazität der COVID-19-Isolations- und Behandlungsräume (16 bzw. 20 Betten) für Verdachts- und bestätigte Fälle erhöht. Gleichzeitig schulten wir das für diese Abteilungen zuständige medizinische und nicht-medizinische Personal.
  • In den von uns unterstützten Gesundheitseinrichtungen in Bamenda, Kumba, Muyuka, Mamfe und Widikum haben wir die Massnahmen zur Verhinderung der Ausbreitung von Covid-19 verstärkt.
  • Das Vorgehen unserer Ambulanzdienste wurde angepasst. Hotline-Mitarbeitende wurden geschult, um Verdachtsfälle zu erkennen, mit den Behörden in Verbindung zu treten und entsprechend zu handeln.
  • Die Pflegefachpersonen und die Fahrer der Krankenwagen erhielten eine spezielle Ausbildung und Ausrüstung, und für den Transport von Patienten mit Verdacht auf COVID-19 wurden spezielle Fahrzeuge zur Verfügung gestellt.
  • Zur Verbesserung der Prävention – insbesondere bei von Gewalt betroffenen und vertriebenen Menschen – wurden Pflegefachpersonen und Gesundheitsmitarbeitende ausgebildet, um über COVID-19 zu informieren und Verdachtsfälle für eine Überweisung zu identifizieren. Ärzte ohne Grenzen produzierte zudem Radiospots, um die Präventionsbemühungen auf Gemeindeebene zu unterstützen.

In der Region Hoher Norden

  • In den Regionalspitälern in Maroua und in Mora, wo wir seit 2015 tätig sind, haben wir den Patientenfluss und die Massnahmen zur Infektionsprävention und -kontrolle angepasst.

«Zusätzlich zu diesen Aktivitäten wird auch die technische Unterstützung für Spitäler in Douala – der wirtschaftlichen Hauptstadt des Landes und am zweitstärksten betroffenen Stadt – evaluiert», erklärt Viñas. 

«Für diese Einsätze sind zusätzliche Mittel, Teams und Ausrüstung nötig. Und das in einem Kontext, in dem der Personen- und Warenverkehr auf globaler Ebene sehr, sehr problematisch ist. Unsere Teams arbeiten unermüdlich daran, unsere überlebenswichtigen regelmässigen Aktivitäten aufrechtzuerhalten und zusätzlich auf diese neue Epidemie zu reagieren.»

Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) ist eine internationale und unabhängige medizinische humanitäre Organisation. Seit 1984 sind wir in Kamerun tätig. Seit März 2015 unterstützen unsere Teams aufgrund des Konflikts in der Tschadsee-Region Geflüchtete und Vertriebene sowie die Einheimischen. Wir leisten an mehreren Orten, darunter Mora und Maroua, medizinische Hilfe. Seit 2018 unterstützen wir die von der Gewalt betroffenen und vertriebenen Menschen im Nordwesten und Südwesten Kameruns. Unsere Hilfe kommt fast 30 Spitälern und Gesundheitszentren in Bamenda, Widikum, Bafut, Wum, Kumba und Mamfe zugute. Wir haben ausserdem ein Überweisungssystem, einschliesslich eines kostenlosen Ambulanzdienstes, eingerichtet, Gesundheitsmitarbeitende ausgebildet und auf Krankheitsausbrüche reagiert.