Engpässe bei Schutzausrüstung gefährden medizinische Arbeit und das Personal

Spanien, 14. April 2020.

Covid-193 Min.

Der infolge von Covid-19 entstandene weltweite Mangel an Masken, Handschuhen und anderer Schutzausrüstung gefährdet insbesondere Länder mit einem schwachen Gesundheitssystem.

Durch die Engpässe sind Gesundheitsmitarbeitende in diesen Ländern einem erhöhten Risiko ausgesetzt, sich selbst mit Covid-19 anzustecken. Dies behindert nicht nur die Anstrengungen, die Ausbreitung von Covid-19 einzudämmen, sondern auch andere lebenswichtige medizinische Massnahmen. Dazu gehören etwa Operationen oder die Behandlung von Masern, Tuberkulose und anderen Infektionskrankheiten.

Besonders problematisch ist das fehlende Material auch an Orten, wo Schutzmassnahmen wie zuhause oder auf Distanz bleiben und eine gute Hygiene schlicht nicht möglich sind. Menschen, die in Flüchtlingslagern, Slums oder Kriegsgebieten leben, werden eher eine Schutzmaske brauchen – haben aber derzeit geringere Chancen, diese zu bekommen. Die globale Verteilung der Masken folgt noch immer einer marktwirtschaftlichen Logik, ärmere Länder haben dabei das Nachsehen.

In etwa drei Wochen sind unsere Vorräte an Schutzmasken aufgebraucht.

Kenneth Lavelle, stellvertretender operativer Leiter der Einsätze bei MSF

«Nun müssen wir entscheiden, ob diese letzten Bestände in die Demokratische Republik Kongo gehen, wo wir Kriegsverletzte operieren, oder in das überfüllte Flüchtlingslager Dadaab, wo die Ausbreitungsgefahr von Covid-19 besonders hoch ist.» 

 

«Vor der Pandemie brauchte das Pflegepersonal die Schutzausrüstung nur für bestimmte Tätigkeiten an Orten, wo es ein erhöhtes Risiko für Infektionskrankheiten gab», fährt Lavelle fort. «Heute kann man sich potenziell überall mit Covid-19 anstecken. Deshalb müssen jetzt fast alle Gesundheitsmitarbeitenden Schutzausrüstung tragen. Ohne diese Ausrüstung können sie ihre Arbeit möglicherweise nicht mehr ausführen, wenn sie sich nicht selbst mit dem Virus anstecken – und es somit weiter verbreiten – wollen. Es ist ein Dilemma: Entweder wir nehmen mit Schutzmassnahmen von geringerer Qualität vorlieb und riskieren damit, dass sich unsere Mitarbeitenden anstecken, oder wir müssen gewisse Einsätze beenden, was für die Betroffenen verheerend wäre. Wegen Versorgungsengpässen mussten wir bereits einige Aktivitäten einstellen.»

Nach eigenen Schätzungen benötigt Ärzte ohne Grenzen für die nächsten sechs Monate ungefähr 26 Millionen Masken. Zum Vergleich: Die Schweiz geht von einem Verbrauch von 1,2 Millionen Masken pro Tag aus, Frankreich von 3,4 Millionen pro Tag.

Die Herstellung von Schutzmasken muss dringend gesteigert werden.

Kenneth Lavelle, stellvertretender operativer Leiter der Einsätze bei MSF

«Wir begrüssen die Initiativen von Unternehmen, die ihre Produktion neu ausrichten. Wir sind auch bereit, mit der Privatwirtschaft oder anderen Akteuren zusammenzuarbeiten, um geeignete Lösungen zu finden. Die Regierungen müssen Anreize zur Produktionssteigerung schaffen, Steuern und Zollgebühren senken und die Produktion in oder in die Nähe der Länder verlegen, welche die Masken am dringendsten brauchen», fährt Lavelle fort.

Die Verteilung der Masken orientiert sich derzeit noch an einer marktwirtschaftlichen Logik. Die grössten Bestände befinden sich in Ländern, in denen Ausgangssperren, Distanzhalten und Hygiene gut umsetzbar sind. An Orten wie den griechischen Flüchtlingslagern hingegen, wo Schutzmasken praktisch die einzig mögliche Schutzmassnahme sind, gibt es hingegen viel weniger. 

Lavelle fordert deshalb: «Es braucht eine gerechte Verteilung der Schutzmasken. Dabei muss der Zustand des jeweiligen Gesundheitssystems genauso berücksichtigt werden wie die Umsetzbarkeit anderer Schutzmassnahmen.»