Myanmar: Neue Kämpfe erschweren die Arbeit unserer Teams

MSF Humanitäre Hilfe Myanmar Kyein Ni Pyin

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In den letzten zwei Monaten ist Myanmar erneut von Kämpfen heimgesucht worden. Gesundheitseinrichtungen wurden beschädigt oder verlassen, rund 120 000 Menschen wurden erneut vertrieben. Der Konflikt im Bundesstaat Rakhine flammte am 13. November neu auf und brach den seit einem Jahr bestehenden informellen Waffenstillstand.

Unsere 25 mobilen Kliniken mussten aufgrund der Ausschreitungen und fehlender Arbeitsgenehmigungen ihre Arbeit einstellen. Das bedeutet, dass rund 1500 Personen pro Woche nicht mehr behandelt werden können. Deshalb suchten wir nach anderen Möglichkeiten: Wir begannen mit Telefonsprechstunden und setzen verstärkt auf unsere Community Health Worker. Diese Mitglieder der lokalen Bevölkerung mit medizinischen Kenntnissen bilden an Orten, wo wir nicht anwesend sein können, die Schnittstelle zu Patient:innen.

Unsere Mitarbeitenden berichten im Folgenden von ihrem schwierigen Alltag.

Aung Aung (Name geändert) arbeitet in der Ann-Thar-Klinik in Minbya. Dort erhalten mehr als 4000 Patient:innen, die den Volksgruppen Rohingya und Rakhine angehören, medizinische Versorgung. Seit dem 13. November können unsere Teams die Klinik nicht mehr betreiben. Das Spital in Minbya, wohin Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) Notfälle überweist, kam am 17. November sogar unter Beschuss.

«Es ist nicht mehr sicher.»

«Der Unterschied zwischen vor dem Konflikt und heute ist sehr deutlich. Jetzt fühle ich mich sogar auf der Strasse unsicher und mache Umwege über die Felder.

Als Community Health Worker sind meine medizinischen Kompetenzen begrenzt. Das einzige, was ich aktuell tun kann, ist die Ärzt:innen anrufen und die Patient:innen nach ihren Anweisungen versorgen. Manchmal funktionieren die Mobilfunkverbindungen allerdings nicht. Wir versuchen trotzdem, einmal die Woche eine Sprechstunde anzubieten.

Ich sorge mich um die Gesundheit der Menschen hier im Dorf. In Zukunft wird es für Notfallpatient:innen und für diejenigen, die ein monatliches Rezept benötigen, sehr schwierig werden. Solange die Strassen blockiert sind und die Kämpfe andauern, werden die Kliniken und Apotheken in der Stadt geschlossen bleiben.»

«Wir fürchten um die Zukunft.»

Auch Pauktaw, im Norden von Rakhine, ist von den Angriffen betroffen und mit neuen Massenvertreibungen konfrontiert. Das städtische Spital musste geschlossen werden, Bewegungen in und aus Pauktaw, auch in das Camp, sind praktisch unmöglich. So wird der Transport von Notfallpatient:innen immer schwieriger. Das Camp Kyein Ni Pyin in Pauktaw nimmt mehr als 7500 Menschen, hauptsächlich Rohingya, auf. Die meisten leben schon seit 2012 als Vertriebene. Hier arbeitet auch Min Thu (Name geändert) für uns.

«Ich biete hier im Camp Gesundheitsaufklärung an und helfe bei fast allem. Während der Öffnungszeiten der Klinik übersetze ich etwa. Ich organisiere auch die Überweisung von Notfallpatient:innen in die Klinik.»

MSF Humanitäre Hilfe Myanmar Kyein Ni Pyin

Wartende Menschen vor einer unserer mobilen Kliniken, bevor diese im November 2023 eingestellt werden mussten.

© MSF

«Der Transport und die Nahrungsversorgung werden immer schwieriger. Wir erhalten nicht regelmässig Hilfslieferungen und die Warenpreise sind hoch. Vor den neuen Kämpfen durften wir uns bewegen, wenn wir die Behörden darüber informierten, doch jetzt ist das komplett verboten. Alle unseren Mitarbeitenden in Sittwe tun ihr Möglichstes, um sicherzustellen, dass Medikamente und Hilfsgüter sicher an uns geliefert werden. Wir können unsere Klinik nicht mehr wie früher öffnen. Es ist sehr schwierig, wenn die Patient:innen nicht persönlich untersucht werden können.

Wir fürchten um die Zukunft. Wenn wir unsere Kliniken aufgrund des Konflikts und der Bewegungseinschränkung weiterhin nicht öffnen können, wird das für unsere Patient:innen schwerwiegende Folgen haben.»

«Meine einzige Sorge gilt im Moment der Gesundheit und der Ernährung der Menschen.»

In Rathedaung gibt es in unmittelbarer Nähe der Stadt viele Camps für Vertriebene, in denen seit 2019 hauptsächlich die ethnische Volksgruppe der Rakhine lebt. Als die jüngsten Kämpfe in der Region ausbrachen, flohen die Menschen aus diesen Camps in ländlichere Gebiete, um sich in Sicherheit zu bringen. So auch Yan Naing (Name geändert), unser Community Health Worker in Rathdaung:

«In der Nähe unserer Camps wird gekämpft, sodass alle Bewohner:innen fliehen und anderswo Schutz suchen mussten. Ich bin einer von ihnen.»

MSF Humanitäre Hilfe Myanmar Rathedaung

Die Unterkünfte in einem der Camps in Rathedaung, in denen ethnische Volksgruppe der Rakhine leben. Myanmar, Oktober 2023.

© MSF

«Ich glaube nicht, dass wir schon in die Stadt zurückgehen können, da noch heftig gekämpft wird. Ausserdem hören wir Gerüchte aus anderen Gegenden, dass Zivilisten verhaftet oder als menschliche Schutzschilde benutzt werden.

Wir sind ständig in Bewegung, haben selten Strom und müssen zum Beispiel immer daran denken, unsere Handyakkus zu schonen.

Wir haben Patient:innen mit chronischen Krankheiten in den Camps. Sie kommen schon seit Langem in unsere Klinik. Die Versorgung dieser Menschen mit Medikamenten ist äusserst schwierig.

Zusätzlich hören wir jeden Tag von blockierten Wegen – über Wasser genauso wie an Land. Dadurch ist medizinische Hilfe nur sehr begrenzt erreichbar. Die Einschränkungen betreffen auch den Güterverkehr von Lebensmitteln. Meine einzige Sorge gilt im Moment der Gesundheit und der Ernährung der Menschen.»