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Tschad: Logistische Herausforderungen bei der Impfung von 500 000 Menschen gegen Diphtherie
Tschad 3 Min.
Der Krankenwagen musste 65 km auf mit Schlaglöchern gesäumten Strasse zurücklegen, ehe er am Spital eintraf. Auch unter günstigeren Umständen ist dies ein grösseres Unterfangen im Tschad, wo Transportmittel rar und kostspielig sind. Die Mutter und die zwei Ältesten konnten gerettet werden, aber für den jüngsten Sohn kam jede Hilfe zu spät: Er verstarb wenige Tage nach der Ankunft im Spital.
Diphtherie ist eine Infektionskrankheit, die von einem Bakterium verursacht wird. Dieses sondert ein gefährliches Gift ab, das Symptome wie Halsschwellungen, Atembeschwerden und Fieber hervorruft. In den schlimmsten Fällen kann es zu multiplem Organversagen und zum Tod führen. Besonders gefährdet sind Kinder, die noch unter weiteren Krankheiten leiden.

Maryam und ihre Mutter sind mehr als fünf Kilometer zu Fuss zum Wochenmarkt in Mantcharné gelaufen. Dort wurden sie von unserem Team über die Diphterie Impfung informiert und liessen sich anschliessend impfen.
Schnellstmögliche Behandlung
Der elfjährige Daoud Mahadi ist zur Behandlung im Spital von Ati, wo er sich langsam von der Krankheit erholt. Seine Mutter hat ihn mehrere Tage nach Auftreten der ersten Symptome dorthin gebracht.
«Die traditionellen Heilmittel, auf die wir aus Mangel an Medikamenten zurückgreifen, haben nicht geholfen. Ich musste zusehen, wie mein Kind jeden Tag schwächer wurde. Er konnte nichts mehr schlucken, nicht einmal Wasser», erklärt sie. Als er im Spital aufgenommen wurde, befand er sich in einem Zustand fortgeschrittener Mangelernährung und wog noch knapp 15 kg.
Fehlendes Wissen über die Krankheit und der schwierige Zugang zu Gesundheitsdiensten und Therapien sind die grössten Hindernisse im Tschad. Ärzte ohne Grenzen unterstützt die Spitäler von Ati (Provinz Batha) und Moussoro (Provinz Bahr al-Ghazal), bietet Personalschulungen an und hilft beim Aufbau von Gesundheitszentren in abgelegeneren Regionen. Seit Oktober 2024 wurden insgesamt über 1600 Patient:innen behandelt, davon 700 mit schwerem Krankheitsverlauf.
Parallel zu den medizinischen Tätigkeiten wurden im Raum Moussoro und Chaddra (Provinz Bahr al-Ghazal) ausserdem rund 20 Wasserlöcher saniert, um den Zugang zu Trinkwasser zu verbessern und Krankheiten vorzubeugen, die mit Wasserverunreinigung im Zusammenhang stehen.
Impfen: Eine logistische Herausforderung
Um die tiefe Durchimpfungsrate anzuheben, die die Rückkehr der Krankheit in diesen Landesteilen begünstigt hat, unterstützte Ärzte ohne Grenzen die Gesundheitsbehörden vor Ort bei der Durchführung einer Massenimpfkampagne. Die Zielgruppe umfasste 300 000 Menschen in der Provinz Batha und 200 000 in der Provinz Bahr al-Ghazal. Bei der Kampagne ging es darum, isolierte Bevölkerungsgruppen (darunter auch Nomadenvölker) zu lokalisieren und ihnen in zwei Durchgängen die beiden Impfdosen zu verabreichen, die für einen effektiven Schutz gegen Diphtherie nötig sind.
Besonders herausfordernd war die schwere Erreichbarkeit dieser Zielgruppen, die häufig in unzugänglichen Gegenden ohne befahrbare Strassen leben. Für Ärzte ohne Grenzen bedeutete dies einen logistischen Grosseinsatz: Die Organisation setzte an die hundert Fahrzeuge ein, darunter Motorräder und Geländewagen, um die Impfteams samt Material vor Ort zu bringen.
Hinzu kommt, dass der Diphtherie-Impfstoff bei Temperaturen zwischen 2 und 8 Grad Celsius gelagert werden muss.
Impfstoffe in einem Wüstenklima bei Temperaturen von bis zu 45 Grad zu transportieren, ohne die Kühlkette zu unterbrechen, ist keine Kleinigkeit. Es ist eine logistische Meisterleistung, zumal die Gesundheitsinfrastruktur hier sehr begrenzt und die Stromversorgung alles andere als stabil ist.
Um die Nomadenvölker der Provinz Batha zu erreichen, setzten Ärzte ohne Grenzen und das tschadische Gesundheitsministerium in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Viehzucht auf einen «One Health»-Ansatz. Indem neben dem Menschen auch auf die Gesundheit von Tier und Umwelt fokussiert wird, kann der Kontakt zu den nomadisch lebenden Viehzüchter:innen aufgebaut werden, deren Herden ja ebenfalls geimpft werden müssen. Dieser Ansatz schafft eine solide Vertrauensbasis und ermöglicht es, die Durchimpfungsrate zu erhöhen.
Weiterhin Vorsicht geboten
Ärzte ohne Grenzen warnt seit 2023 vor dem besorgniserregenden Anstieg von Diphtherie-Fällen in Westafrika. Schutz vor der Krankheit bieten Routineimpfprogramme, die von der Covid-19-Pandemie stark in Mitleidenschaft gezogen wurden, weil die finanziellen Mittel fehlen und die Impfung nicht länger als Priorität gilt.
Für Erkennung und Prävention der Infektionskrankheit fordert Ärzte ohne Grenzen weiterhin mehr Überwachung und gross angelegte Impfkampagnen.