MSF kritisiert Vermischung von Militäreinsatz und humanitärer Hilfe durch die UN

Assurer la protection des patients et du personnel médical demeure un défi de taille.

Somalia / Somaliland3 Min.

Die Integrierung von Hilfeleistungen in militärische und politische Strategien der UNO und der Afrikanischen Union gefährden humanitäre Bemühungen.

Die Hilfsorganisation Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) kritisiert Pläne der Vereinten Nationen, humanitäre Hilfsprogramme in den internationalen Militäreinsatz in Somalia zu integrieren. Die Organisation warnt, dass diese Umstrukturierung die unabhängige und unparteiische Hilfe für die Somalier gefährde, die weiterhin massiv unter dem Krieg leiden.
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen erörtert derzeit die zukünftige Form der UN-Mission in Somalia. Einer der Punkte befasst sich mit der Integrierung von humanitärer Hilfe im Rahmen der politischen und militärischen Absichten der UNO in Somalia. In einem Land, in dem es bereits jetzt nur sehr bedingt möglich ist, Hilfe zu leisten, dürfte eine solche Vorgehensweise Misstrauen gegen humanitäre Organisationen schüren.
„Viele Somalier ringen noch immer täglich um Lebensnotwendigkeiten wie Nahrung, Gesundheitsversorgung und Schutz vor Gewalt. Humanitäre Hilfe muss von jeglicher politischer Zielsetzung völlig unabhängig bleiben“, erklärt Jerome Oberreit, Generalsekrtetär von MSF. „Die humanitäre Hilfe darf nicht dazu missbraucht werden, um in Somalia Bemühungen zur Aufstandsbekämpfung oder der militärischen Stabilisierung umzusetzen.“

Patienten und humanitäre Helfer in Gefahr

Die Sicherheit der Patienten und des medizinischen Personals zu gewährleisten, ist nach wie vor eine schwierige Aufgabe. Gerade deshalb ist es entscheidend, dass humanitäre Hilfe unabhängig und unparteiisch bleibt. Humanitäre Organisationen müssen in der Lage sein, mit sämtlichen Konfliktbeteiligten zu verhandeln, um Menschen in Not erreichen zu können und zugleich Sicherheitsrisiken auf ein Minimum zu beschränken. MSF betont, dass sämtliche Bemühungen, die humanitäre Hilfe zu politisieren, Patienten und humanitäre Mitarbeiter weiter in Gefahr bringen würden.
„Bereits zuvor hatte man in Somalia, aber auch in Ländern wie Afghanistan, dem Irak, Sierra Leone oder Angola, versucht, zur Erreichung von militärischer Stabilisation oder zur Friedenserhaltung mit der Einbeziehung von humanitärer Hilfe politische oder sicherheitsbezogene Interessen durchzusetzen. Dies hatte stets zur Folge, dass humanitäre Helfer, einschliesslich des Gesundheitspersonals, ihre Legitimität verloren und ihnen der Zugang zu Betroffenen des Konflikts verwehrt wurde“, erklärt Oberreit. „In Extremfällen wurde den betroffenen Menschen gar die Hilfe verweigert, um politische Interessen durchzusetzen. Bei der humanitären Hilfe soll es einzig und allein um die wirklichen Bedürfnisse einer Bevölkerungsgruppe gehen, ohne dass irgendwelche anderen Absichten mitspielen.“
Im ganzen Land sind grosse Teile der somalischen Bevölkerung auf elementare Unterstützung angewiesen. Viele Betroffene befinden sich in Konfliktregionen und in Gebieten, die von bewaffneten Gruppen kontrolliert werden, wie in Teilen Süd- und Zentralsomalias, was den Bedarf an unabhängiger und unparteiischer humanitärer Hilfe weiter hervorhebt. Die Menschen haben kaum Zugang zu Nahrungsmitteln und medizinischer Versorgung. Mehr als 730'000 Somalier haben in Flüchtlingslagern in Kenia und Äthiopien Zuflucht gesucht. Im grössten Flüchtlingslager selbst, im kenianischen Dadaab, in dem hunderttausende Somalier leben, ist die geleistete Hilfe unzureichend. Aufforderungen seitens Kenias, laut denen die Flüchtlinge in ihr Land zurückkehren sollen, sind verfrüht, solange sich die Lage in Somalia nicht stabilisiert hat.

MSF in Somalia

MSF war zuvor bereits gezwungen, ihre Aktivitäten in Somalia wegen Sicherheitsrisiken zurückfahren. Im Oktober 2011 waren zwei MSF-Mitarbeiterinnen aus dem Flüchtlingslager in Dadaab entführt und nach Somalia gebracht worden, wo sie laut Vermutungen von MSF nach wie vor festgehalten werden. Bis zu ihrer sicheren Freilassung beschränkt MSF die Tätigkeiten in Somalia auf lebensrettende Nothilfe.
MSF arbeitet seit 1991 ununterbrochen in Somalia und leistet lebensrettende medizinische Hilfe für hunderttausende Somalier in zehn Regionen des Landes sowie in Kenia und in Äthiopien. Im Jahr 2012 behandelte die Organisation fast 30'000 schwer mangelernährte Kinder und impfte 75'000 Personen gegen verschiedene ansteckende Krankheiten. MSF-Teams begleiteten auch über 7'300 Geburten und führten gegen eine halbe Million medizinische Konsultationen durch. Für ihre Arbeit in Somalia nimmt die Organisation keinerlei Regierungsgelder oder institutionelle Zuwendungen an und finanziert sich vollumfänglich aus privaten Spenden.