Somalia: Extreme Gewalt in Las Anod – Unsere Teams sehen sich gezwungen ihre Arbeit einzustellen

Mütter erhalten im Las Anod-Spital in Sool Informationen zu COVID-19.

Somalia / Somaliland3 Min.

Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF) hat die schwierige Entscheidung getroffen, sich aus dem Allgemeinspital von Las Anod in der Region Sool innerhalb der international anerkannten Grenzen Somalias* zurückzuziehen. Grund dafür ist die zunehmend instabile Lage vor Ort und wiederholte Zwischenfälle, die die Sicherheit der medizinischen Versorgung beeinträchtigen. 

Mehrmals wurden medizinische Einrichtungen angegriffen, weder Patient:innen noch das medizinische Personal können ausreichend geschützt werden. Inzwischen hat das Ausmass der Gewalt in Las Anod einen Punkt erreicht, an dem unsere Teams sich nicht mehr in der Lage sehen, die Menschen medizinisch zu versorgen.  

Am 8. Juli ist das Allgemeinspital im Zuge kämpferischer Auseinandersetzungen getroffen worden. Dabei wurden medizinisches Personal und Pfleger:innen verletzt sowie ein Krankenwagen beschädigt. Aufgrund dieses Ereignisses musste die Entbindungsstation des Spitals geschlossen werden. Es war der fünfte Zwischenfall seit der Eskalation der Gewalt am 6. Februar dieses Jahres. Bei früheren Gewaltausbrüchen in Las Anod sind auch Mitarbeitende des Gesundheitswesens und Freiwillige, die die medizinische Versorgung der Kriegsverletzten unterstützt haben, ums Leben gekommen. 

«Wir bedauern, dass wir unsere medizinische Unterstützung stoppen müssen», sagt Dana Krause, die Einsatzleiterin vor Ort.

Wir wissen, dass dies den Zugang der Menschen zu lebenswichtiger medizinischer Versorgung erschweren wird, der durch den anhaltenden Konflikt ohnehin schon beeinträchtigt ist. Wir müssen jedoch in einem Umfeld arbeiten können, in dem die Mindeststandards für die Sicherheit der Patient:innen und des medizinischen Personals gewährleistet sind.

Dana Krause, Einsatzleiterin in Somalia

Seit Mai 2019 unterstützen wir das Allgemeinspital von Las Anod mit medizinischem Material und technischem Know-how für die Notaufnahme und den Operationssaal. Zudem unterstützen wir das Personal finanziell, das Dienstleistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit anbietet, Kinder mit akuter Mangelernährung behandelt und Krankheiten diagnostiziert. Im Jahr 2022 haben unsere medizinischen Teams mehr als 7200 Notfallkonsultationen durchgeführt und über 2000 Geburten begleitet. In dieser Woche bringen unsere Teams nun leider die letzte Spende in das Spital; dabei handelt es sich um medizinisches Material, darunter auch Sets zur Behandlung von Kriegsverletzungen.  

Obwohl unsere Unterstützung für die medizinischen Dienste in Las Anod eingestellt wird, bleiben wir in der Region Sool präsent. Im 40 Kilometer südlich gelegenen Kalabaydh, wo Menschen, die durch den aktuellen Konflikt vertrieben wurden, medizinische Hilfe suchen, können wir sowohl die medizinische Grundversorgung als auch spezialisierte Gesundheitsdienste aufrechterhalten.  

In den vergangenen vier Jahrzehnten haben wir immer wieder auf humanitäre Notsituationen im Bereich Gesundheit und Mangelernährung in somalischen Gemeinden reagiert. Wir verpflichten uns, dies auch weiterhin zu tun und dabei Neutralität und Unparteilichkeit im Namen der universellen medizinischen Ethik und des Rechts auf humanitäre Hilfe zu wahren. Unsere Teams müssen jedoch ungehindert arbeiten können.  

*Die Stadt Las Anod und die Region Sool sind Gebiete, die von den beiden autonomen Staaten Puntland und Somaliland innerhalb der international anerkannten Grenzen Somalias beansprucht werden. Die verwendeten Beschreibungen und Ortsnamen geben nicht die Meinung von Ärzte ohne Grenzen über den rechtlichen Status dieser Gebiete wieder.