Somalia: Zwischen Naturkatastrophen und medizinischen Notfällen

Verteilung von Plumpy Nut während der Trockenzeit in El Wak, Jubbaland. November 2020

Somalia / Somaliland3 Min.

Der Bedarf an humanitärer Hilfe steigt im Süden Somalias stark an. Die schweren Dürren und Sturzfluten im Bundesstaat Jubaland führen zu Überschwemmungen und Krankheitsausbrüchen.

«Jubaland ist mit einer Flut von Notfällen konfrontiert», sagt Mariano Lugli, Programmleiter von Ärzte ohne Grenzen/ Médecins Sans Frontières (MSF) in Somalia.

«Dieser Zyklus von unvorhersehbaren Dürren, Überschwemmungen und Epidemien hat schwere Auswirkungen auf die Menschen, die kaum Zeit haben, sich von einer Krise zu erholen, bevor die nächste eintritt. Noch besorgniserregender ist, dass es so aussieht, als ob dieser Trend anhalten wird oder sich gar noch verschlechtert».

Die derzeitige humanitäre Hilfe ist unzureichend. Es gibt viel zu wenig Einsatzkräfte in der Region und Erste Hilfe ist aufgrund fehlender Mittel und diverser Unsicherheiten nur begrenzt möglich. Dies führt dazu, dass sich Zehntausende von Menschen in einer extrem prekären Lage befinden.

Klimawandel und gesundheitliche Folgen

Ein Grossteil des Jubalandes leidet aufgrund einer anhaltenden Dürre unter schwerem Nahrungsmittel- und Wassermangel. Trotz Niederschlägen Anfang Mai, sind die Wetterbedingungen in Jubaland weitgehend unvorhersehbar und die Bewohner befürchten, dass die Nahrungsmittelknappheit noch lange anhalten wird. Darüber hinaus halten aktuelle Warnungen vor drohenden Überschwemmungen die Bewohner*innen in höchster Alarmbereitschaft.

«Immer mehr Menschen machen sich auf die Suche nach Wasser und Nahrung, obwohl die Gefahr von Covid-19 weiterhin besteht und sich in Dhobley und Kismaayo eine Masernepidemie ausbreitet», erklärt Mohamed Ahmed, Projektkoordinator von Ärzte ohne Grenzen/ Médecins Sans Frontières (MSF) in Jubaland. «Auch Hirtengemeinschaften sind betroffen, da aufgrund des Wassermangels Teil ihres Viehs verdurstet ist».

Untersuchung auf Mangelernährung in El Wak, Jubbaland. Dezember 2020

Untersuchung auf Mangelernährung in El Wak, Jubbaland. Dezember 2020

© MSF

In den Regionen Gedo und Jubbada Hoose hat Ärzte ohne Grenzen in diesem Jahr bereits drei Notfalleinsätze durchgeführt, bei denen unsere Teams stark mangelernährte Kinder behandelten sowie 4 355 Kinder gegen Masern impften. Auch reagierten unsere Teams auf die schwere Wasserknappheit, indem sie zwölf Dörfer in den Distrikten Afmadow und El Wak mit Wasser versorgten. Zwischen Januar und April 2021 wurden mehr als 3 500 Kinder in Ernährungsprogramme eingeschrieben, die von Ärzte ohne Grenzen unterstützt wurden.

Die Teams von Ärzte ohne Grenzen in Somalia, vor allem im Süden des Landes, erleben eine zunehmende Verflechtung verschiedener Krisen, die immer häufiger werden. Im Oktober 2019 reagierten unsere Teams auf schwere Überschwemmungen im Bezirk Beledweyne. Kaum war das Wasser zurückgegangen, brach im Januar 2020 eine Cholera-Epidemie aus, deren Ansteckung durch die Überschwemmungen begünstigt wurde. Nur wenige Monate später, wurde die Stadt Beledweyne im Mai erneut von Sturzfluten überrascht, was dazu führte, dass viele Menschen ihr Zuhause verlassen mussten und MSF dazu veranlasste, einen weiteren Nothilfeeinsatz zu starten.

Eine aktuelle Studie legt nahe, dass die Häufigkeit von extremen Wetterereignissen in Somalia in den letzten zwei Jahrzehnten zugenommen hat, insbesondere in Form von langen Dürreperioden oder Sturzfluten, die oft zu einer Zunahme von Mangelernährung und wasserbedingten Krankheiten führen. Dies sind alles Beispiele, die uns daran erinnern, dass der Klimanotstand auch ein Gesundheitsnotstand ist.