Tuberkulose-Medikament: Preissenkung für Bedaquilin ist ein wichtiger Schritt

Protest von Ärzte ohne Grenzen vor dem J&J-Sitz in Zug. Schweiz, 17. Oktober 2019

Tuberkulose 3 Min.

Der Pharmakonzern Johnson & Johnson (J&J) kündigte heute einen reduzierten Preis von 1,50 US-Dollar pro Tag und Patient*in für das Tuberkulose-Medikament Bedaquilin an. Dies ist aus Sicht von Ärzte ohne Grenzen ein wichtiger Schritt, der mehr Menschen mit arzneimittelresistenten Formen der TB (DR-TB) den Zugang zu diesem lebensrettenden Medikament ermöglichen kann. Doch der Preis sollte weiter gesenkt werden, und mehr Länder sollten das Mittel zu diesen Konditionen kaufen können.

J&J ist derzeit der einzige Hersteller von Bedaquilin. Das Monopol hindert andere Unternehmen daran, bezahlbare generische Versionen herzustellen. Der neue gesenkte Preis liegt 32 Prozent unter dem bisher niedrigsten Preis, der für eine festgelegte Reihe von Ländern zur Verfügung steht.

Während die Welt von der Covid-19-Pandemie erschüttert wird, ist der Zugang zu einer erschwinglichen Behandlung mit Bedaquilin für Menschen mit DR-TB das Gebot der Stunde.

Pilar Ustero, TB-Expertin bei der Medikamentenkampagne von MSF

Bedaquilin ist deshalb so wichtig, da bei der bisherigen DR-TB-Behandlung die Menschen über einen Zeitraum von fast zwei Jahren bis zu 14 000 Tabletten einnehmen und bis zu acht Monate lang täglich schmerzhafte Injektionen und Nebenwirkungen wie Taubheit ertragen mussten.

«Die älteren Medikamente, die gespritzt werden müssen, sind nicht nur schmerzhaft und können schwere Nebenwirkungen verursachen, sie erfordern auch, dass die Menschen täglich zu Gesundheitseinrichtungen fahren, wodurch sie einem erhöhten Risiko einer Covid-19-Infektion ausgesetzt sind. Angesichts des reduzierten Preises müssen die Regierungen den Einsatz von Bedaquilin dringend ausweiten», sagt Dr. Pilar Ustero, TB-Expertin bei der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen.

Weltweite Kampagne zur Senkung des Preises

Seit der Markteinführung des Medikaments im Jahr 2012 übt Ärzte ohne Grenzen Druck auf J&J aus und startete im vergangenen Jahr gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Akteuren und Menschen, die an Tuberkulose leiden, eine weltweite Kampagne. Dabei fordert sie J&J auf, den Preis für das Medikament in Ländern mit niedrigem und einigen Ländern mit mittlerem Einkommen um mehr als die Hälfte auf 1 US-Dollar pro Tag zu senken. 120 707 Menschen unterzeichneten bereits Petitionen dazu.

«Wir haben vor den Büros von J&J auf der ganzen Welt protestiert, zusammen mit Menschen, die TB und die nebenwirkungsreiche alte Behandlungsform überlebt haben. Wir haben J&J aufgerufen, den Preis für dieses lebensrettende Medikament zu senken», sagt Lara Dovifat von der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen. «Bis erschwinglichere generische Versionen von Bedaquilin verfügbar sind, fordern wir die Regierungen dazu auf, dafür zu sorgen, dass Patienten mit DR-TB die heute bestmögliche Behandlung erhalten. Die heutige Preissenkung ist dazu ein hilfreicher Schritt.»

Weitere Preissenkung für alle Länder gefordert

Dieser Preis für Bedaquilin ist an Abnahmeverpflichtungen gebunden, die über die Global Drug Facility eingegangen wurden - eine Organisation, die TB-Medikamente an Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen liefert. Länder, die nicht darüber kaufen, kommen für den niedrigeren Preis nicht in Frage. Russland etwa zahlt mehr als acht Dollar pro Tag je Patient für Bedaquilin.

«Bedaquilin wurde mit beträchtlicher Unterstützung durch Steuerzahler und gemeinnützige und philanthropische Organisationen entwickelt. J&J erhielt öffentliche Investitionen in Höhe von Hunderten Millionen US-Dollar, darunter Zuschüsse der US-Regierung und verschiedene finanzielle Anreize, und Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen trugen zur Erforschung des Medikaments bei. J&J sollte nirgends hohe Preise für dieses Medikament verlangen», sagt Sharonann Lynch, HIV & TB-Expertin der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen.