Haiti: Patient wird von bewaffneten Männern getötet - unser Team stellt die Arbeit vorübergehend ein

Raoul Pierre Louis Krankenhaus, Haiti

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Bewaffnete Männer sind am Donnerstag, dem 26. Januar 2023, in das von Ärzte ohne Grenzen / Médecins Sans Frontières (MSF) unterstützte öffentliche Spital «Raoul Pierre Louis» eingedrungen. Das Spital befindet sich in Carrefour, einem Stadtteil im Westen der haitianischen Hauptstadt Port-au-Prince. Es ist bereits das zweite Mal innerhalb von sechs Monaten, dass dieses Spital einen vergleichbaren Vorfall erlebt. Wir sehen uns daher gezwungen, unsere Arbeit in den Räumlichkeiten vorübergehend einzustellen.

Am Donnerstagnachmittag drangen drei bewaffnete, maskierte Männer in die Notaufnahme des Spitals ein und entführten einen Patienten, der mit einer Schussverletzung eingeliefert worden war. Die Männer zerrten ihn gewaltsam aus dem Spital und töteten ihn mit einem Kopfschuss etwa zehn Meter ausserhalb des Klinikgeländes.

«Es ist das zweite Mal, dass wir in diesem Spital eine solche Situation erleben», sagt Benoit Vasseur, Landeskoordinator in Haiti. Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich bereits am 14. August 2022.

Wir sind erneut schockiert über diesen Akt brutaler Vergeltung, der gegen alle humanitären Grundsätze verstösst und den Schutz missachtet, den dieser Patient innerhalb einer medizinischen Einrichtung hätte, geniessen sollen.

Benoit Vasseur, MSF-Landeskoordinator Haiti

 

«In Anbetracht dieses inakzeptablen Ausmasses an Gewalt haben wir keine andere Wahl, als alle unsere Aktivitäten im Spital Raoul Pierre Louis vorübergehend einzustellen», so Vasseur. «Wir werden unsere Arbeit so lange aussetzen, wie wir die Sicherheit unserer Mitarbeitenden und Patient:innen nicht gewährleisten können.»

Der Vorfall ereignete sich an einem Tag, der von Protesten und Unruhen in mehreren Teilen der Hauptstadt Port-au-Prince und ihrer Umgebung geprägt war. Innerhalb weniger Stunden wurden sechs Menschen mit Schussverletzungen in unser Notfallzentrum in Turgeau gebracht. Unter den Verletzten befand sich unter anderem ein Schüler, der bei der Ankunft leider bereits tot war. In diesem Kontext muss der sichere Zugang zur medizinischen Notfallversorgung mehr denn je respektiert werden.

Wir arbeiten seit mehr als 30 Jahren in Haiti und unterstützen durch medizinische Versorgung die bedürftigsten Bevölkerungsgruppen. Wir fordern alle bewaffneten Gruppen auf, die medizinische Arbeit zu respektieren. Patient:innen, Personal, medizinische Einrichtungen und Ambulanzen müssen geschützt werden.