Covid-19-Medikament Baricitinib: Ärzte ohne Grenzen kritisiert Patentmonopole von US-Konzern Eli Lilly

Medikamente dürfen kein Luxus sein.

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Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat heute das Medikament Baricitinib für die Behandlung von Patientinnen und Patienten empfohlen, die schwer an Covid-19 erkrankt sind. Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) appelliert an alle Regierungen, Massnahmen zu ergreifen, um eine breite bezahlbare Verfügbarkeit der Behandlung sicherzustellen. Derzeit wird diese durch Patentmonopole des US-Pharmakonzerns Eli Lilly in vielen Ländern verhindert.

Bei stationär behandelten Patientinnen und Patienten kann das oral verabreichte Medikament Baricitinib eine Alternative zu den von der WHO empfohlenen monoklonalen Interleukin-6 (IL-6)-Hemmstoffen Tocilizumab und Sarilumab sein, die für Regierungen und Patientinnen und Patienten in vielen ärmeren Ländern nach wie vor knapp sind.

Baricitinib könnte helfen, mehr Leben zu retten

«Seit fast zwei Jahren müssen wir hilflos mit ansehen, wie Menschen an Covid-19 sterben. In den Ländern, in denen Ärzte ohne Grenzen arbeitet, sind die Möglichkeiten für eine komplexe Intensivpflege begrenzt. Um mehr Menschen mit schweren und lebensgefährdenden Infektionen das Leben zu retten, müssen wir Zugang zu bezahlbaren Medikamenten haben. Wenn neue Therapien auf den Markt kommen, wäre es einfach unmenschlich, wenn sie in ärmeren Weltregionen nicht zur Verfügung stünden, nur weil sie patentiert und zu teuer sind», sagt Márcio da Fonseca, Experte für Infektionskrankheiten der Medikamentenkampagne von Ärzte ohne Grenzen.

Generika-Preis 400-mal günstiger als Herstellerpreis

Baricitinib ist bereits für die Behandlung von Arthritis zugelassen, und generische Versionen sind in Indien und Bangladesch bereits zu deutlich niedrigeren Preisen erhältlich als die des Patentinhabers Eli Lilly. Ein indischer Hersteller bietet das Medikament zu einem Preis von 5,50 US-Dollar pro Behandlungszyklus an, und der niedrigste Preis in Bangladesch liegt bei 6,70 US-Dollar - das ist fast 400-mal weniger als der exorbitant hohe Listenpreis von Eli Lilly im Juli von 2326 US-Dollar pro Behandlungszyklus.

Patente verhindern Verfügbarkeit des Medikaments für viele Schwerkranke 

In vielen Ländern, die stark von der Pandemie betroffen waren und sind, darunter Brasilien, Russland, Südafrika und Indonesien, werden durch das Patentmonopol von Eli Lilly keine Baricitinib-Generika erhältlich sein. Baricitinib ist ein weiteres Beispiel dafür, warum der so genannte TRIPS-Waiver zur Aussetzung geistiger Eigentumsrechte dringend erforderlich ist. Ein im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) zulässiger Verzicht der Mitgliedstaaten auf Verpflichtungen im Bereich des geistigen Eigentums, darunter Patente, würde erhebliche Hindernisse für eine bezahlbare Verfügbarkeit von Covid-19-Produkten umfassend beseitigen.

«Seit dem Ausbruch der Pandemie kämpfen finanzschwache Länder mit einem ungleichen Zugang zu allen lebensrettenden medizinischen Covid-19-Produkten wie medizinischem Sauerstoff, Impfstoffen und Tests, weil die reichen Länder diese Mittel horten und Pharmakonzerne auf Profite fixiert sind. Es ist an der Zeit, dass auch ärmere Länder endlich Zugang zu diesen von der WHO empfohlenen Behandlungen bekommen, die in vielen reicheren Ländern bereits routinemässig eingesetzt werden», sagt da Fonseca.