Die Verletzten des «Marschs der Rückkehr» brauchen dringend Hilfe

31. Oktober 2018, Al Awda, Gaza, Gaza

Palästinensische Autonomiegebiete4 Min.

Das Gesundheitssystem in Gaza ist aufgrund der vielen Patienten mit schweren und komplexen Verletzungen überlastet. Die israelische Armee hatte gegen den «Marsch der Rückkehr» scharfe Munition eingesetzt – Tausende der Patienten sind von Infektionen und lebenslanger Invalidität bedroht.

In Gaza zeichnet sich ein medizinischer Notstand ab, denn der Behandlungsbedarf der Patienten, die während der Proteste durch Schüsse der israelischen Armee schwer verletzt wurden, nimmt ständig zu. Gemäss dem Gesundheitsministerium gab es insgesamt 5866 Verletzte mit Schusswunden. Die klare Mehrheit der 3117 Patienten, die von MSF wegen Schussverletzungen zwischen dem 30. März und 31. Oktober behandelt wurden, wiesen Verletzungen an den Beinen auf. Je zur Hälfte handelte es sich um offene Brüche und um schwere Verletzungen des Gewebes. 

Solche Verletzungen sind gravierend und sehr komplex zu behandeln. Aufgrund der Schwere der Verletzungen und des prekären Gesundheitssystems in Gaza können die Patienten nicht auf geeignete Weise behandelt werden, und es besteht ein sehr hohes Infektionsrisiko, vor allem bei Patienten mit offenen Brüchen. Es gibt in Gaza zurzeit keine Möglichkeit, Knocheninfektionen festzustellen. Gestützt auf eigene Erfahrungswerte schätzt MSF den Anteil an Patienten mit offenen Brüchen, die an Infektionen leiden, auf mindestens 25 Prozent. Das bedeutet, dass von 3000 Patienten mit offenen Brüchen vermutlich mehr als 1000 einen infizierten Bruch haben.

MSF hat seine Einsatzkapazität in Gaza bereits verdreifacht, aber der Bedarf an chirurgischen Eingriffen, gezielt eingesetzten Antibiotika, Pflege im Operationsbereich und langfristiger Physiotherapie ist enorm gross. Eine solche Zahl an Patienten würde jedes Gesundheitssystem der Welt vor grosse Schwierigkeiten stellen. In Gaza ist es eine Katastrophe.

Marie-Elisabeth Ingres, MSF-Einsatzleiterin in Palästina

Die lokalen Gesundheitsakteure sind auf Unterstützung angewiesen

Gemäss vorläufigen Abklärungen von MSF zum Bedarf der Patienten in Gaza benötigen mindestens 60 Prozent aller Verletzten, also 3520 Personen, zusätzliche chirurgische Behandlungen, Physiotherapie und Rehabilitation. Ausserdem bräuchte ein beträchtlicher Teil dieser Patienten rekonstruktive chirurgische Massnahmen, aber solange die Infektionen unbehandelt bleiben, sind solche Behandlungen nicht möglich. Die Belastung für das durch die mehr als zehnjährige Blockade geschwächte Gesundheitssystem in Gaza ist zu gross.

Die Folgen der Verletzungen reichen bis zu dauerhaften Behinderungen, Amputationen oder Todesfällen aufgrund unbehandelter Infektionen.

MSF und andere Akteure tun alles, was sie können, um die Patienten zu versorgen, aber der Bedarf übersteigt die vorhandenen Kapazitäten. Die Situation in den Gesundheitszentren verschlimmert sich schnell, weil immer mehr neue Patienten kommen, die als Folge von Schussverletzungen Gewebs- oder Knochennekrosen aufweisen, was das Infektionsrisiko weiter erhöht. Die Kosten für geeignete Massnahmen betragen mehrere zehntausend Millionen Euro; diese Summe muss so schnell wie möglich gefunden werden. 

«Wichtig ist nun, dass die israelischen und palästinensischen Behörden alles in ihrer Macht Stehende tun, damit der Zugang und die Arbeit aller Gesundheitsakteure erleichtert und die vorhandenen Versorgungskapazitäten erhöht werden können. Gleichzeitig müssen die Länder in der Region und der restlichen Welt helfen, indem sie finanzielle Mittel zur Verfügung stellen oder Patienten in Spitälern mit spezialisierten chirurgischen Abteilungen behandeln. Und die palästinensischen und israelischen Behörden müssen dafür die Überweisung der Patienten ins Ausland erleichtern», erklärt Marie-Elisabeth Ingres. 

«Wir können diese Tausende von Patienten mit so schlimmen Verletzungen nicht einfach ihrem Schicksal überlassen, wenn eine Behandlung eigentlich möglich wäre. Es besteht ein hohes Risiko, dass viele von ihnen für den Rest ihres Lebens invalid sein werden.»

MSF a plus de 260 personnel travaillant à travers quatre hôpitaux et cinq cliniques post-opératoires à Gaza, fournissant des pansements, de la physiothérapie et de la chirurgie plastique, reconstructive simple et orthopédique.