Flüchtlingsgipfel in Uganda: Trotz internationaler Versprechen ist die Versorgung der Flüchtlinge unzureichend

Une des rues principales du camp de Bidibidi en Ouganda.

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Die internationale Hilfe für Flüchtlinge in Uganda reicht nicht aus. Um eine medizinische Notlage zu verhindern, müssen Flüchtlinge in Uganda dringend mehr Wasser und Nahrung erhalten, fordert MSF.

Selbst grundlegende Bedürfnisse werden nicht erfüllt

Regierungen und internationale Organisationen treffen sich am 22. und 23. Juni in Kampala, um Mittel für die ugandische Flüchtlingshilfe zu sammeln. Derzeit leben mehr als 950‘000 Flüchtlinge in Uganda. Täglich kommen etwa 2‘000 Menschen hinzu. Der Grossteil von ihnen flieht vor der Gewalt im Südsudan. Uganda ist ein Pilotland für das vom UNHCR geleitete Programm Comprehensive Refugee Response Framework (CRRF). Dieses soll den Geflüchteten und den aufnehmenden Gemeinschaften helfen, indem ihre Selbstständigkeit sowie die Zusammenarbeit von UNHCR, Regierungen, NGOs und anderen Akteuren gefördert werden.

Wegen unzureichender Ressourcen, erschwertem Zugang zu Wasser, mangelnden Sanitäranlagen und Nahrungsknappheit könnte es in Uganda zu einer medizinischen Notlage kommen. Im Flüchtlingslager Palorinya sind 80 Prozent der Bewohner komplett von der Wasserversorgung durch MSF abhängig, eine unhaltbare Situation. «Zurzeit werden nicht mal die grundlegendsten Bedürfnisse der Geflüchteten erfüllt», sagt Tara Newell, Projektmanagerin für Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) in Uganda. «Obwohl wir immer mehr Wasser fördern und säubern, reicht es für die Bevölkerung nur gerade so aus.» Der Grossteil der Geflüchteten lebt in Unterkünften ohne Wasseranlagen. Das Wasser bekommen sie aus ein paar Erdbohrlöchern und durch Wasserlieferungen. Sie leben so von etwa sieben Litern pro Tag pro Person. Die Wasserlieferungen sind sehr teuer und werden durch die schlechten Strassen erschwert. «Ohne eine langfristige und günstigere Alternative werden sich die Lage der Menschen und ihr Gesundheitszustand verschlechtern», sagt Newell.

Nahrungsknappheit stellt grosses Problem dar

Auch Nahrungsknappheit ist in den Unterkünften ein Problem, vor allem seit das Welternährungsprogramm der UN seine monatlichen Nahrungsrationen um die Hälfte gekürzt hat. Die Mitarbeiter von MSF beobachten, wie Geflüchtete sich in mehreren Lagern registrieren lassen, da sie verzweifelt versuchen, mehr Essen und Wasser zu bekommen. Es gibt zudem Berichte darüber, dass lebenswichtige Hilfsgüter in den Lagern unregelmässig oder unvollständig verteilt werden. Die Nahrungsknappheit ist die grösste Sorge vieler Geflüchteter und führt dazu, dass manche wieder in den Südsudan zurückkehren. «Ich würde lieber im Südsudan erschossen werden, als in Uganda zu verhungern», erzählt einer der Geflüchteten den Mitarbeitern. Die Teams haben auch Geschichten von Menschen gehört, die wegen dem Nahrungsmangel in den Südsudan zurückgekehrt und dort ermordet worden sind. «Geflüchtete werden in eine unglaubliche Lage gebracht – entweder sie müssen ohne genug Nahrung und Wasser überleben oder sie riskieren ihr Leben, nur um essen zu können», sagt Dr. Leon Salumu, Programmleiter von MSF.
Es ist unmöglich, mit der stetig steigenden Zahl an Geflüchteten Schritt zu halten und die ugandische Regierung stösst an ihre Grenzen. Manche der Geflüchteten wurden an Orte gebracht, die weit entfernt von Wasserquellen oder kultivierbarem Land liegen, wie zum Beispiel in der Ofua Zone im westlichen Teil des Rhino Flüchtlingslagers. Um den Grundbedürfnissen der Menschen nachzukommen ist eine bessere Standortplanung, die den Zugang zu Wasser, Sanitäranlagen und Gesundheitsversorgung berücksichtigt, unerlässlich.

MSF fordert schnellere Importprozesse für medizinische Güter

Die medizinische Versorgung wird zudem durch die sehr zeitaufwendigen bürokratischen Prozesse zur Einfuhr von medizinischen Gütern erschwert. Dieses Jahr konnten die Teams beispielsweise zwei Monate lang keine Augen- und Hautkrankheiten behandeln und nicht für sichere Geburten sorgen – nur wegen der bürokratischen Voraussetzungen für den Import von medizinischen Gütern. MSF fordert daher von der ugandischen Regierung, die Importprozesse zu beschleunigen und besonders die Einfuhr von medizinischen Gütern zu erleichtern, sodass die Notfallversorgung erweitert werden kann.
Uganda ist inzwischen eines der grössten Aufnahmeländer von Geflüchteten in Afrika. 2016 hat es dreimal so viele Menschen aufgenommen, wie Menschen über das Mittelmeer die EU erreicht haben. Viele Länder haben eine restriktive Migrationspolitik eingeführt, mit dem Ziel, die Zahl der ankommenden Flüchtlinge an ihren Grenzen zu verringern. Dafür haben sie versprochen, Menschen auf der Flucht nahe ihrer Herkunftsländer zu unterstützen. Noch sind sie diesem Versprechen nicht nachgekommen. Die Flüchtlingshilfe in Uganda ist bisher nur zu 17 Prozent finanziert. «Die internationale Gemeinschaft hat dabei versagt, den Konflikt im Südsudan zu lösen und jetzt versagt sie, den südsudanesischen Flüchtlingen in der Region angemessen zu helfen», sagt Salumu. «Die internationale Gemeinschaft muss endlich ihren Verpflichtungen nachkommen und über neue Wege nachdenken, wie die vielen weit verteilten Menschen versorgt werden können.»

Neben den Projekten im Südsudan ist MSF seit Juli 2016 im Rahmen der humanitären Krise in Uganda aktiv und liefert medizinische Hilfe, aber auch Zugang zu Wasser und Sanitäranlagen. Zurzeit arbeiten Teams in vier Flüchtlingslagern im Nordwesten des Landes: Imvepi, Palorinya, Rhino und Bidi Bidi.  Dort leisten sie medizinische Hilfe für stationäre und ambulante Patienten, Hilfe für Opfer sexueller Gewalt, psychologische Hilfe und Geburtshilfe. Zudem organisieren sie Ernährungsprogramme und Gesundheitsberatung in den Dorfgemeinden und kümmern sich um den Zugang zu Wasser und sanitären Einrichtungen. In der Grenzstadt Lamwo wurden die Aktivitäten inzwischen an andere Organisationen übergeben.
Zusätzlich zur Hilfe für Geflüchtete leitet MSF in Uganda Projekte für die sexuelle Gesundheit von Jugendlichen in Kasese, Projekte für Patienten mit HIV und AIDS in Fischergemeinden an den Seen George und Edward und führt Viruslasttests im Spital von Arua durch.