Afghanistan: MSF versorgt Verwundete nach heftigen Kämpfen in Kundus

«La proportion de blessés de guerre dans le centre a plus que doublé par rapport à la même période l’année passée: ils sont passés de 6 à 14 pourcent»

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Infolge der Kämpfe im Norden Afghanistans sind die Menschen in den Gebieten um Kundus-Stadt zunehmend von medizinischer Hilfe abgeschnitten.

In der nordöstlichen Provinz Kundus kam es im Rahmen der „Frühjahrsoffensive“ zu schweren Kämpfen zwischen afghanischen Streitkräften und bewaffneten Oppositionsgruppen. Dadurch haben die Menschen in den Bezirken der Provinzhauptstadt kaum Zugang zu medizinischer Hilfe. In Kundus-Stadt betreibt Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) ein Unfallspital, wo die Verletzten versorgt werden.
Kundus zählte während des anhaltenden Konflikts in Afghanistan zu den stabileren Provinzen. Doch seit vergangenem Jahr haben sich die Kämpfe verschärft, und im Rahmen der aktuellen Frühjahrsoffensive kam es zu heftigen Gefechten. In den drei Wochen seit der Bekanntgabe der jährlichen „Kampfsaison“ haben die medizinischen Teams im Unfallspital von MSF mehr als 204 Kriegsverletzte versorgt. Der Grossteil davon erlitt Schusswunden oder wurde bei Bombenexplosionen verwundet. Unter den Verletzten waren auch 51 Frauen und Kinder.

Doppelt so viele Kriegsverwundete wie im Vorjahr

«Der Anteil Kriegsverletzter hat sich im Vergleich zum Vorjahreszeitraum mehr als verdoppelt, von 6 auf 14 Prozent», berichtet Laurent Gabriel, Koordinator von MSF im Unfallspital. «Die chirurgischen Teams versorgen schwere Verletzungen im Bauch- und Brustbereich, und viele Patienten benötigen mehrere komplizierte Eingriffe.»
Die Situation ist höchst instabil, der Zustrom an Verwundeten dementsprechend sporadisch. Die Zahl variiert zwischen fünf und 35 Kriegsverwundeten pro Tag und illustriert die Unvorhersehbarkeit dieses Konflikts. Sie zeigt aber auch die Schwierigkeiten der Menschen in den umliegenden Bezirken, das Spital in der Stadt zu erreichen.

Gefährlicher Weg ins Spital

«Es ist schwer zu sagen, was in den Bezirken ausserhalb der Stadt geschieht, wo gekämpft wird», so Gabriel. «Wir sind sehr besorgt, dass die Menschen in diesen Gebieten wegen der anhaltenden Gefechte es nicht rechtzeitig zur medizinischen Versorgung ins Unfallspital schaffen. Sie müssen auch auf dem Weg in die Stadt mehrere Checkpoints passieren. Patienten berichteten, dass manche Strassen nach Kundus vermint sind, was sie zu langen Umwegen zwingt. In Anbetracht der Schwere gewisser Verletzungen können solche Verzögerungen fatale Folgen haben.»
In den betriebsamen Stationen weigern sich manche Patienten, deren Behandlung abgeschlossen ist, aus dem Spital entlassen zu werden – zu gross ist ihre Angst, in ihren Wohnort zurückzukehren. In der gesamten Provinz Kundus schränkt die Bevölkerung ihre Bewegungen auf das absolute Minimum ein und versucht nach Möglichkeit, sich drinnen aufzuhalten. Infolgedessen ist die Zahl der Verletzten von Verkehrsunfällen im Unfallspital rapide zurückgegangen – von 109 Patienten in der ersten Aprilwoche auf nur mehr rund sechzig in der ersten Maiwoche. In der Notaufnahme herrscht dennoch reger Betrieb; alleine in den vergangenen drei Wochen haben die medizinischen Teams 1‘470 Patienten versorgt.

Menschen ständiger Gefahr ausgesetzt

«Seit mehr als einem Jahr leidet Kundus unter militärischen Operationen. Die Provinz ist eine chronische Konfliktzone, wo sich die Regierungs- und Oppositionskräfte ständig in denselben Gebieten bekämpfen», so Guilhem Molinie, Landeskoordinator von MSF. «Die Menschen haben keine andere Wahl, als ihr Leben weiterzuleben – sind dabei jedoch ständig der Gefahr ausgesetzt, angeschossen oder getötet zu werden, während sie in ihrem Hof sind, ihre Felder bestellen oder zum Bazar gehen.»
MSF ist seit 1980 in Afghanistan tätig. Die Organisation unterstützt das Gesundheitsministerium im Ahmad Shah Baba-Spital im östlichen Kabul, das Mutter-Kind-Spital in Dasht-e-Barchi im westlichen Kabul und das Boost-Krankenhaus in Lashkar Gah in der Provinz Helmand. In Khost im Osten des Landes betreibt MSF eine Frauenklinik. Die Organisation akzeptiert für ihre Arbeit in Afghanistan keinerlei Regierungsgelder und finanziert ihre Aktivitäten ausschliesslich mit privaten Spenden.

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