Mangelernährung: Wissenschaftliche Studie beweist vorbeugende Wirkung von therapeutischer Fertignahrung

Magaria, Niger, 2006.

2 Min.

Genf/Zürich, 21. Januar 2009 – Die Wirksamkeit von therapeutischer Fertignahrung zur Vorbeugung von Mangelernährung bei Kindern ist erstmals wissenschaftlich nachge-wiesen worden. Wie eine aktuell vom Journal of the American Medical Association (JAMA) veröffentlichte Studie zeigt, ist die Wahrscheinlichkeit eine schwere akute Mangelernährung zu entwickeln, bei Kindern, die ergänzende therapeutische Fertig-nahrung erhalten, um fast 60 Prozent niedriger, als bei Kindern, die diese Nahrungszusätze nicht erhalten. Jetzt sind die Regierungen gefragt, dafür zu sorgen, dass diese Vorbeugung auch wirklich stattfindet. Die nächste Gelegenheit hierzu bietet sich beim UN-Treffen zur globalen Nahrungsmittelkrise Anfang kommender Woche in Madrid.

Die in der Fachzeitschrift vorgestellte Studie macht nicht nur deutlich, wie wichtig, sondern vor allem auch, wie erfolgsversprechend die Vorbeugung von Mangelernährung mit therapeutischer Fertignahrung ist. Bislang werden nährstoffreiche Nahrungsergänzungsmittel von den Vereinten Nationen nur zur Behandlung schwerer akuter Mangelernährung empfohlen.
Die Studie wurde von 2006 bis 2007 vom Forschungsinstitut Epicentre von Médecins Sans Frontières/ Ärzte ohne Grenzen (MSF) in zwölf Dörfern in Niger durchgeführt. Einbezogen wurden alle 3’533 Kinder dieser Orte im Alter von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Dabei erhielt etwa die Hälfte der Kinder drei Monate lang täglich zusätzlich zum gewohnten Essen eine Ration nährstoffreiche Fertignahrung. Während der achtmonatigen Versuchsphase wurden die Kinder beider Gruppen einmal pro Monat untersucht. Wichtigstes Ergebnis: Kinder, die die Fertigpaste erhielten, zeigten eine 58 Prozent geringere Chance, an schwerer akuter Mangelernährung zu erkranken.
„Diese Studie hat direkte Auswirkungen auf die Nahrungshilfe und die Ernährungsprogram-me,“ sagt Dr. Tido von Schoen-Angerer, Verantwortlicher der MSF-Kampagne „Zugang zu lebenswichtigen Medikamenten“. „Heute basieren die meisten Nahrungshilfen für Kinder auf einem verfestigten Mehlgemisch aus Getreide und Soja, dem – wie wir wissen – entscheidende Nährstoffe für Kinder im Wachstum fehlen und Mangelernährung somit kaum vorbeugt. Diese Studie zeigt, dass die Abgabe einer ausgewogenen und angepassten Alternati-ve zum herkömmlichen Gemisch funktioniert.“
Unterernährung führt zum Tod von jährlich 3,5 bis 5 Millionen Kindern unter fünf Jahren und kann schwerwiegende Folgen auf die Gesundheit und Entwicklung der Kinder haben. Schwere Mangelernährung vorzubeugen ist entscheidend, weil das Immunsystem eines schwer mangelernährten Kindes so geschwächt ist, dass selbst übliche Kinderkrankheiten, wie Atemwegsinfektionen oder Magenviren, sehr schnell zu Komplikationen oder sogar zum Tod führen können.
Für die Untersuchung in Niger wurde eine therapeutische Variante der Fertignahrung verwendet, welche verhältnismässig teuer ist. Es gibt aber Gründe anzunehmen, dass auch alternative, günstigere Produkte eine ähnlich vorbeugende Wirkung haben. Solche alternativen Produkte werden derzeit von Organisationen wie UNICEF und dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen (WFP) erprobt.
In den vergangenen zwei Jahren hat Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen mehr als 300’000 mangelernährte Kinder in 22 Ländern behandelt. In den Projekten werden seit 2007 die Präventiv-Behandlungen mit einer kostengünstigeren Nahrungsmittelpaste durchgeführt. In der nigrischen Region Maradi konnten grossangelegte Verabreichungen solcher Nahrungsmittelpasten an kleine Kinder das Auftreten schwerer Mangelernährung reduzieren.

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