Eskalation auf Kos: Dringend bessere Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge nötig

Les migrants font la file à l'extérieur du stade de Kos en attendant d'être enregistrés par la police grecque.

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Auf den Dodekanes-Inseln, insbesondere auf Kos, müssen die Behörden dringend für angemessene und menschenwürdige Aufnahmebedingungen sorgen.

Die Aufnahmebedingungen für Flüchtlinge auf der Insel Kos müssen dringend verbessert werden. Angesichts der jüngsten Eskalation der Situation fordert die internationale Hilfsorganisation Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) die griechischen Behörden und die EU auf, umgehend zu handeln. Ein Team von MSF leistet derzeit medizinische Hilfe beim Stadion auf Kos. Dort haben die Behörden über Nacht etwa 1‘000 Menschen ohne Zugang zu Toiletten und Duschen festgehalten.
„MSF ist sehr besorgt über die Situation auf Kos“, sagt Brice de le Vingne, Leiter der für Kos verantwortlichen Projektabteilung von MSF. „Bisher hatten wir einen Zustand staatlicher Untätigkeit, jetzt wendet die Polizei zunehmend Zwangsmassnahmen gegen diese verletzlichen Menschen an. Die Mehrheit der Neuankömmlinge sind Kriegsflüchtlinge aus Syrien und Afghanistan. Die Behörden auf Kos haben deutlich erklärt, dass sie nicht die Absicht haben, die Lage für diese Menschen zu verbessern, weil sie denken, das würde einen ‚Pull-Faktor‘ darstellen. Aber Menschen, die vor Krieg fliehen, werden weiterhin kommen, unabhängig davon, ob die Behörden versuchen, sie aufzuhalten oder nicht.“

Keinen Sonnenschutz, keine Duschen, fast keine Toiletten

Nach der Eskalation am Dienstag hatte die Polizei etwa 1‘000 Menschen in das Stadion an der Stadtgrenze von Kos Stadt gesperrt, andere halten sich in der Umgebung auf. In dem Stadion mit Kiesboden gibt es keinen Sonnenschutz, keine Duschen, fast keine Toiletten und keine Lebensmittel. Wer konnte, kletterte über einen Zaun, um ausserhalb des Stadions Wasser und Lebensmittel für die Familien zu kaufen. Ein Team von MSF hat im Stadion von 22 Uhr bis 24 Uhr medizinische Hilfe geleistet und ist auch heute wieder vor Ort.
Im Juli waren mehr als 7‘000 Flüchtlinge, Asylsuchende und Migranten auf Kos angekommen, doppelt so viele wie im Juni. Wegen fehlender Erstaufnahmeeinrichtungen hatten die meisten von ihnen Zelte in den öffentlichen Parks und auf den Plätzen in der Stadt Kos aufgeschlagen. Andere schliefen bisher nahe der Polizeistation unter freiem Himmel, ohne Zugang zu Toiletten und Duschen. Seit April werden den Geflüchteten keine Lebensmittel zur Verfügung gestellt. Bis heute gibt es keinen Ort, an dem sie empfangen und versorgt werden, obwohl in der Stadt ausreichend Platz vorhanden ist. Stattdessen werden die Menschen von einem Ort zum anderen geschickt.
Am Montag und Dienstag begann die Polizei mit Aktionen, die die Menschen aus den öffentlichen Bereichen vertreiben sollten. Sie räumte provisorische Unterkünfte und drängte die Menschen in das Gebiet beim Stadion. Teams von MSF wurden zudem Zeugen, wie Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma den geflohenen Menschen verboten, sich auf Parkbänke in der Innenstadt zu setzen.
Am Dienstagmorgen befanden sich rund 2‘000 Menschen in dem Stadion, darunter viele Familien mit Babys und Kleinkindern. Sie warteten bei 32 Grad in der prallen Sonne auf eine Möglichkeit, der Polizei ihre Namen zu übermitteln, um sich registrieren zu lassen. Die Polizei war mit der Menge von Menschen überfordert. Die Situation geriet ausser Kontrolle. Daraufhin setzten Polizisten Feuerlöscher ein, um die Menschen auseinanderzutreiben.

Medizinische Hilfe in ehemaligem Hotel und mobile Kliniken

MSF leistet auf Kos auch weiterhin medizinische Hilfe im ehemaligen Hotel „Captain Elias“, einem leer stehendenden, abbruchreifen Gebäude ohne Strom, in dem Hunderte Flüchtlinge für durchschnittlich 10 bis 15 Tage Zuflucht suchen. So lange dauert es meist, bis sie von der griechischen Polizei registriert werden und die Papiere erhalten, mit denen sie die Insel verlassen können. Die meisten werden über diesen Prozess nicht ausreichend informiert. MSF betreibt ausserdem mobile Kliniken und verteilt Hilfsgüter an Menschen, die sich in Parks und an öffentlichen Plätzen aufhalten.
„Acht Monate nach unserem ersten Aufruf an die griechischen Behörden, für anständige und menschliche Aufnahmebedingungen auf den Inseln des Dodekanes – insbesondere auf Kos – zu sorgen, müssen wir mit Entsetzen feststellen, dass dies dem griechischen Staat nicht gelungen ist“, erklärt Brice de le Vingne. „Es wurde noch nicht einmal ein Ort bestimmt, der gross genug ist, um alle Flüchtlinge mit einem Mindeststandard aufzunehmen. Man fragt sich, was noch passieren muss, damit die griechischen Behörden angemessen reagieren und ihre Verantwortung übernehmen und diese Menschen würdevoll und menschlich empfangen.“

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