«Wir können keine Begräbnisse mehr sehen!»

« Vous n’êtes pas MSF, vous êtes un ange qui arrive ! ».

3 Min.

Am 9. Mai 2016 startete MSF einen Nothilfeeinsatz in den Gesundheitsbezirken Pawa und Boma Mangbetu im Distrikt Haut-Uélé (DR Kongo), wo ein besonders heftiger Malaria-Ausbruch gemeldet wurde.

Daniel Ngabu arbeitet als Pflegefachmann für MSF. An diesem Morgen des 9. Mai zieht er seine Regen- und Motorradschutzkleidung über. Obwohl die Sonne noch nicht hoch steht, schwitzt er stark: Es ist bereits sehr heiss. Das Wetter in Pawa ist jedoch wechselhaft. In nur wenigen Stunden kann es bereits in Strömen regnen. Daniel ist als Pflegefachmann in dem Gesundheitszentrum tätig, das mit rund 60 Kilometern am weitesten von der Stadt Pawa entfernt liegt. Er hat eine über sechsstündige Motorradfahrt auf schlammigen Strassen vor sich. Seine Aufgabe ist es, Malaria-Medikamente und Schnelltests in den Gesundheitszentren zu verteilen, damit die Bevölkerung wirksam und kostenfrei behandelt werden kann. Auf diese Weise will MSF möglichst viele Kinder mit einfacher Malaria frühzeitig behandeln und so Komplikationen verhindern, die eine Einweisung ins Spital erforderlich machen.
Als Daniel endlich in Gatua ankommt, wird er sogleich vom Stammesführer mit den Worten empfangen: «Sie sind nicht MSF, sondern ein Engel für uns!» Der Mann hat seit März pausenlos Kinder begraben müssen. Im Gesundheitszentrum gibt es keine Medikamente mehr. Auch in der Apotheke sind die Vorräte an ACT (Artesunat) und Paracetamol aufgebraucht. Zur Verfügung stehen nur noch wenige Packungen Amoxicillin. Dieses Antibiotikum ist jedoch gegen Malaria völlig wirkungslos. Die Mütter werden vom Pfleger im Gesundheitszentrum an die Spitäler verwiesen. In den meisten Fällen müssen sie aber mit dem Überweisungsschein nachhause zurückkehren und hilflos mitansehen, wie ihr Kind stirbt. Sie können die Fahrt ins Spital und die Krankenkosten nicht bezahlen, die sich umgerechnet auf rund 50 US-Dollar belaufen. In diesen abgelegenen Gebieten produzieren die Familien Palmöl, das sie zu 4,50 US-Dollar pro 20-Liter-Kanister verkaufen. Ausserdem bieten sie ein wenig Erdnüsse und Maniok zum Verkauf an. Die Familien müssen in den meisten Fällen von 10 US-Dollar im Monat leben.
Bald schon ist Daniel von sechs Frauen umringt. Jede trägt ein krankes Kind auf dem Arm, für das sie nur noch versuchen kann, das Fieber mit Wasser zu senken. Der Pflegefachmann führt sofort Schnelltests durch. Sie zeigen, dass die sechs Kinder alle mit Malaria infiziert sind.
Das Gesundheitszentrum kann mit den Medikamenten von MSF alle Kinder, die an einfacher Malaria erkrankt sind, kostenlos behandeln. In den meisten Fällen lässt sich die Krankheit sehr gut heilen, indem der Patient drei Tage lang eine artesunathaltige Tablette einnimmt. In Pawa und Boma Mangbetu fehlte es jedoch an Behandlungsmöglichkeiten oder ihre Kosten waren zu hoch. Sehr viele Kinder haben daher eine schwere Form der Krankheit entwickelt, die eine Spitaleinweisung, eine Intensivpflege und manchmal eine Bluttransfusion oder künstlichen Sauerstoff erforderlich macht.
Seit Beginn des Einsatzes am 9. Mai hat MSF rund 10'000 ACT-Medikamente in 32 Gesundheitszentren verteilt. Alle zwei oder drei Tage kommen Pflegefachkräfte in die Zentren, um die Einnahme zu kontrollieren und den Vorrat gegebenenfalls wieder aufzufüllen. So wird eine kostenlose Behandlung sichergestellt.
Seit dem 12. Mai unterstützt ein MSF-Team das Allgemeine Referenzspital bei der Versorgung von Personen mit schwerer Malaria. Auch im Spital in Boma wird in den nächsten Tagen ein Team unterstützend bei der Pflege der Patienten tätig werden.

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