Tschad: Tausende Menschen aus dem Sudan erreichen täglich die Grenzstadt Adré – es braucht dringend mehr Hilfe

Geflüchtete aus dem Sudan versuchen, Wasser aus dem Wadi in der Nähe des Camps Ourang zu schöpfen, da die Wasserversorgung in den Camps knapp ist. Tschad, August 2023.

Südsudan4 Min.

Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) warnt vor einer sich anbahnenden humanitären Krise im Osten Tschads, wo in der Grenzstadt Adré bereits über 358 000 sudanesische Flüchtlinge angekommen sind. Die Unterkünfte und Ressourcen sind stark überlastet. Internationale Unterstützung ist dringend erforderlich, um eine Katastrophe zu verhindern.

«Wir sind in drei Geflüchtetencamps vor Ort, in denen täglich 2000 neue Geflüchtete ankommen», sagt Susanna Borges, unsere Notfallkoordinatorin im Tschad. «Die bestehenden Camps in dieser Gegend sind bereits voll ausgelastet, ebenso wie die temporären Übergangsunterkünfte. Daher werden Menschen zu weiter entfernten Orten verlegt, wo neue Camps gebaut werden», so Borges.

Aber diese Unterkünfte sind noch nicht ausgerüstet, um die umgesiedelten Menschen zu versorgen. Die Menschen sind extremer Sonne und Regen ausgesetzt und haben unzureichend Essen, Wasser und Kochutensilien. Der Bedarf ist enorm, die Ressourcen jedoch äusserst knapp.

Susanna Borges, Notfallkoordinatorin im Tschad

Überfüllte Kliniken

Allein im Camp Ecole in Adré, leben bereits 150 000 Geflüchtete. Unsere Teams unterstützen eine 250-Betten-Pädiatrie in dem Spital von Adré. Innerhalb des Camp Ecole betreiben unsere Teams eine 38-Betten-Klinik inklusive eines Krankenwagens für Patientenüberweisungen ans Spital. Die Klinik ist ständig überfüllt und verzeichnet durchschnittlich 400 Konsultationen pro Tag. Es gibt eine beunruhigend hohe Anzahl an Kindern mit Mangelernährung. Im Camp Ecole wurden 351 Patient:innen mit Mangelernährung registriert, einige von ihnen können ihre Behandlung jedoch nicht fortsetzen, da sie umgesiedelt wurden. Unsere Teams versuchen, diese Personen nachzuverfolgen, aber die schnelle Umsiedlung erschwert dies erheblich.

Prekäre Wasserversorgung

Für die Wasserversorgung haben unsere Teams im Camp Ecole drei Bohrlöcher angelegt, und weitere folgen, wenn mehr Menschen die Grenze überqueren. Zusätzlich verteilen die Teams in den Camps sauberes Wasser per Lastwagen, doch der Bedarf übersteigt bei Weitem das, was die Hilfsorganisation alleine leisten kann. Der akute Wassermangel in den Camps Ambelia und Ourang zwingt die Menschen, bereits um zwei Uhr morgens mit ihren Kanistern anzustehen.

In der Regenzeit breiten sich Krankheiten rasch aus

Im Tschad hat die Regenzeit begonnen. Dadurch steigt die Zahl der Menschen mit Malaria-Erkrankungen steil an. Unsere Klinik im Camp Ecole hat 956 Malaria-Fälle in einer Woche gemeldet. Das ist fast dreimal so viel wie in der Vorwoche. Es ist zudem schwerer, die betroffenen Gebiete zu erreichen.

«Die Menschen kommen in sehr besorgniserregendem Gesundheitszustand an, weil sie zu wenige zu essen haben und unter sehr schlechten Bedingungen leben», sagt Trish Newport, unsere Leiterin des Notfalleinsatzes in Genf.

Mit den starken Regenfällen steig das Risiko von Durchfallerkrankungen wie Cholera, dies wissen wir aus ähnlichen Krisen. Angesichts der aktuellen Bedingungen sind wir äusserst besorgt über mögliche Krankheitsausbrüche, wenn die humanitäre Hilfe nicht rasch aufgestockt wird.

Trish Newport, Leiterin des Notfalleinsatzes in Genf
Geflüchtete aus dem Sudan bei einer von MSF gebauten Wasserstelle in Adré. Tschad, August 2023.

Geflüchtete aus dem Sudan bei einer von MSF gebauten Wasserstelle in Adré. Tschad, August 2023.

© MSF

Im Tschad lebten bereits eine Million Vertriebene und Geflüchtete. Zusätzliche Vertriebene aus dem Westsudan, belasten nun die Ressourcen noch mehr. In Adré sind die Lebensmittelpreise gestiegen und viele Neuankömmlinge können kein Essen kaufen. Die Einheimischen leiden auch, weil alles teurer wird, aber sie nicht mehr verdienen.

Ärzte ohne Grenzen ruft die internationale Gemeinschaft dringend auf, Unterkünfte, Essen, Wasser, Sanitäranlagen sowie Gesundheitsdienste für die Tausenden von Menschen in Not bereitzustellen. Eine rechtzeitige und ausreichende humanitäre Antwort ist ihre einzige Hoffnung, eine weitere Katastrophe zu vermeiden.