Sambia: Unsere Teams helfen bei der Bekämpfung eines Cholera-Ausbruchs

Unsere Teams helfen bei der Bekämpfung eines Cholera-Ausbruchs in Sambia. Februar 2024.

Sambia5 Min.

Seit Mitte Dezember 2023 sind in der Hauptstadt Lusaka und mehreren Provinzen in Sambia Cholerafälle aufgetreten. Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) unterstütze das Gesundheitsministeriums bei der Nothilfe. Unsere Teams versorgen Patient:innen und ergreifen Massnahmen, um die Ausbreitung der Epidemie in Lusaka und Ndola, den beiden grössten Städten des Landes, zu einzudämmen.

Drei Fragen an Nothilfekoordinator Marc Poncin nach seiner Rückkehr aus unserem Cholera-Projekt in Sambia


Was kannst du uns über den Cholera-Ausbruch berichten, den Ärzte ohne Grenzen in Sambia bekämpft?

Für die Bewohner:innen des südlichen Afrikas ist Cholera keine Seltenheit, die Krankheit tritt während der Regenzeit regelmässig auf. Doch der Ausbruch, der gegenwärtig in Sambia wütet, ist aussergewöhnlich. Erstmals im Oktober 2023 in Lusaka zur Epidemie erklärt, entwickelte er sich schnell zum schlimmsten je in Sambia registrierten Cholera-Ausbruch. Dies bezieht sich sowohl auf die Zahl der Erkrankungen und Toten als auch auf die geografische Ausbreitung.

Als wir unseren Einsatz begannen, wiesen die im Land verfügbaren Zahlen auf einen Anstieg der Fälle und eine sehr hohe Sterblichkeit hin. Anfang Januar wurden täglich rund 700 Fälle registriert – eine direkte Folge des regnerischen Wetters und der Familientreffen am Jahresende. Das Gesundheitsministerium und seine Partner rechneten mit einer langen und schwer kontrollierbaren Epidemie. Doch wir stellten schon bald einen plötzlichen Rückgang fest. Das ist auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Dazu gehören die Umsetzung von koordinierten Hilfsmassnahmen, einschliesslich einer vom Gesundheitsministerium durchgeführten Massenimpfung in Lusaka, der am stärksten betroffenen Gegend, aber auch die für die Jahreszeit ungewöhnlichen Wetterbedingungen.

Der Kampf, um den Ausbruch vollständig einzudämmen, geht noch weiter, die unerwartete Trockenperiode mitten in der Regenzeit konnte aber erheblich zum Rückgang der Fälle beitragen. Dieser positive Effekt bereitet jedoch in anderer Hinsicht Sorge: Die Trockenheit könnte langfristig die Ernten in Sambia gefährden.


Wie hat Ärzte ohne Grenzen die sambische Regierung bei der Bekämpfung des Ausbruchs unterstützt?

Angesichts der massiven Ausbreitung von Cholera Ende 2023 hat die Regierung rasch Massnahmen zur Bekämpfung des Ausbruchs ergriffen, die unter der gemeinsamen Verantwortung des Büros des Vizepräsidenten und des Gesundheitsministeriums durchgeführt wurden. Auf Anfrage des Gesundheitsministeriums arbeitete Ärzte ohne Grenzen eng mit den Behörden zusammen, um die gesundheitliche und medizinische Strategie vor Ort zu verbessern. Neben Koordinierungstätigkeiten unterstützten wir die epidemiologische Überwachung, die medizinische Versorgung und die sanitären Einrichtungen sowie die Aufklärungs- und Hygienearbeit in der Bevölkerung.

Konkret griffen wir den Cholera-Behandlungszentren in der Stadt Lusaka bei der medizinischen Versorgung und der Infektionsprävention und -kontrolle unter die Arme und richteten mehrere sogenannte «orale Rehydrierungsstellen» (ORPs) ein. Diese kleinen Strukturen für die ambulante Versorgung entlasten die Cholera-Zentren. In letztere werden nur Patient:innen mit sehr schweren Symptomen überwiesen.

Die Idee dahinter: Milde Fälle, bei denen es nicht zu Dehydratation kommt, werden dezentral in Gesundheitszentren anstelle von Spitälern behandelt. Dadurch soll die hohe Sterblichkeit in gewissen Gegenden mit beschränktem Zugang zu städtischen Spitälern vermieden werden.

In diesen dezentralen Einrichtungen arbeiten qualifizierte sambische Mitarbeitende, die einfache Cholera-Fälle identifizieren und überwachen und im Fall von schweren Fällen die Überweisung in ein Spital organisieren. Dazu ist ein Ambulanzdienst rund um die Uhr in Betrieb. Schliesslich schulten unsere Teams medizinisches Personal und Hygienespezialist:innen in Spitälern im Umgang mit einer solchen Epidemie.

Zudem erarbeiteten unsere Fachkräfte gemeinsam mit der Gesundheitsbehörde Richtlinien zur Überwachung von Cholera und zum medizinischem Vorgehen speziell in Sambia.


Beschränkt sich die Bekämpfung eines Cholera-Ausbruchs auf medizinische Tätigkeiten?

Der medizinische Aspekt ist zwar zentral, doch es darf nicht der einzige sein. Um die Krankheit wirksam zu bekämpfen, ist es ebenso wichtig, die epidemiologische Dynamik und die Übertragungswege zu kennen (in der Regel mit dem Bakterium Vibrio Cholerae verseuchtes Wasser oder Nahrung). Entscheidend für den Erfolg ist schliesslich der Einbezug der Menschen vor Ort, damitsie  die Problematik verstehen und die Verantwortung für die Präventivmassnahmen übernehmen können. Wenn die Familien wissen, wie sie sich am besten schützen, hilft dies, die Ausbreitung der Krankheit zu verhindern. Auch die Behandlung des Trinkwassers und die Verbesserung der Sanitärsysteme spielen bei der Bekämpfung der Epidemie eine massgebliche Rolle.

Deshalb richteten wir zusätzlich zu den von der Regierung bereitgestellten Wassertanks in den Hochrisikogebieten von Lusaka rund 178 Stellen zur Chlorierung des Wassers ein. Dort erhält die Bevölkerung sauberes und sicheres Wasser. Daneben verteilen unsere Teams kostenlose Pakete mit Seife, Chlor und Kanister an Familien, in denen es neue Erkrankte gibt Auch Aufklärung über Hygienemassnahmen ist ein wichtiger Bestandteil: In betroffenen Gegenden informieren Freiwillige in viel besuchten Kliniken über dieses Thema.

Sambia ist eines der fortschrittlichsten Länder bei der Bekämpfung der Cholera im Rahmen der globalen Cholera-Taskforce. In den letzten Jahren hat das Land stark in den Schutz der Bevölkerung investiert und dazu in Hochrisikogebieten regelmässig Impfkampagnen durchgeführt. Dennoch stellt dieser jüngste Ausbruch die öffentlichen Massnahmen, die sich vorwiegend auf die Impfung konzentrieren, infrage. Es zeigt sich, dass es sektorübergreifende Massnahmen braucht, bei denen vor allem in den Bereichen Wasser, Hygiene und sanitäre Einrichtungen in städtischen Zentren wie Lusaka Verbesserungen erzielt werden müssen. Zusätzlich zu den Choleraimpfungen muss das Gesundheitssystem allgemein gestärkt werden.