HIV/Aids-Epidemie in Myanmar: Auch Kinder sind betroffen

Myanmar, 19.09.2009

3 Min.

Durch die verheerende Ausbreitung von HIV/Aids in Myanmar müssen die Betroffenen oft grosse Hürden überwinden, um behandelt zu werden. Das von MSF geführte Spital in Dawei bietet kostenlose Behandlungen und ermöglicht so die Hoffnung auf ein besseres Leben.

„Die Eltern von Maung Zin sind regelmässig nach Thailand gefahren, um dort ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Sein Vater war Fischer, seine Mutter arbeitete in einer Konservenfabrik”, erklärt die 81-jährige Daw Ma Aye mit ruhiger Stimme. Die alte Dame lebt in einem Vorort von Dawei im Süden von Myanmar. Maung Zin ist ihr Enkel, er ist sechs Jahre alt und HIV-positiv. Seine Mutter ist inzwischen gestorben, sein Vater in Thailand verschollen, die Leute glauben, dass auch er vermutlich nicht mehr lebt. Also kümmert sich die Grossmutter um den kleinen Maung Zin und bringt ihn regelmässig in das MSF-Spital von Dawei, damit das Kind dort antiretrovirale Behandlung bekommt.
Aufgrund der grossen wirtschaftlichen Not wandern inzwischen Tausende aus Myanmar nach Thailand oder Malaysia aus. Da viele von ihnen es mit dem eigenen Schutz nicht so genau nehmen, steigt die Zahl der HIV/Aids-Infektionen.
Daw Ma macht sich grosse Sorgen um die Zukunft ihres Enkels. „Solange es mir gesundheitlich gut geht, kann ich Maung Zin in das Myittar Yeik (Das Spital von MSF wird im Volksmund Myittar Yeik genannt, das bedeutet: „Spital im Schatten der Mutterliebe”) bringen, aber was wird aus ihm, wenn ich dazu nicht mehr in der Lage bin? Im Moment können wir noch zu dritt von dem Geld leben, das uns die Grosseltern väterlicherseits schicken, soweit sie es entbehren können.” Daw Ma kümmert sich auch um Maung Zins dreijährigen Bruder, auf den die Nachbarn aufpassen, während sie im Spital sind.
Zu den wirtschaftlichen Schwierigkeiten, mit denen die Menschen in Myanmar zu kämpfen haben, kommt, dass es praktisch kein funktionierendes öffentliches Gesundheitssystem gibt.
„Der Kleine ist krank geworden, und ich habe ihn ins öffentliche Spital gebracht. Er hatte hohes Fieber und hat stark abgenommen. Im Spital gaben sie ihm Tabletten. Das Fieber ist dann zwar gefallen, aber es ging ihm trotzdem nicht besser. Ein Nachbar hat mir dann von einem Spital in Dawei erzählt. Der Taxifahrer kannte das Myittar Yeik jedoch nicht und hat uns statt dessen in eine Privatklinik gebracht, wo der Kleine geröntgt wurde. Ich habe sehr viel Geld dafür bezahlt, doch Maung Zin ging es weiter schlecht. Schliesslich habe ich das Spital von MSF gefunden. Dort haben sie ihn getestet und herausgefunden, dass er HIV-positiv ist.”
Die Geschichte von Maung Zin ist alles andere als ein Einzelfall in einem Land, in dem nur 1,8 Prozent des Staatshaushaltes für das öffentliche Gesundheitswesen zur Verfügung stehen. Weltweit bildet Myanmar damit das Schlusslicht. Maung Zin kann sich daher glücklich schätzen: Er wird behandelt.
Nach Schätzungen von MSF haben nur 20 Prozent der HIV-infizierten Patienten in Myanmar, die Behandlung benötigen, auch tatsächlich die Chance, diese zu erhalten. Schon lange bemüht sich MSF darum, auch andere Akteure dazu zu bewegen, in den Kampf gegen die Krankheit im Land zu investieren. Gleichzeitig appelliert die Organisation an die Regierung von Myanmar, das Leid der Menschen zur Kenntnis zu nehmen und zu handeln.
Seit sie wissen, dass er HIV-positiv ist, gehen die Leute anders mit Maung Zin um: „In der Schule weisen ihn seine Klassenkameraden ab. Er ist einsam geworden”, sagt seine Grossmutter. Obwohl weit verbreitet, ist Aids in Myanmar eine geächtete Krankheit und bedeutet Schande. Die Zahl der HIV-Infizierten im Land wird auf 240‘000 geschätzt, die Zahl der durch die Pandemie verursachten Todesfälle auf 25‘000 pro Jahr.
Abgesehen von dem enormen Bedarf am medizinischer Versorgung für die HIV-infizierten Patienten hat auch der Rest der Bevölkerung zumeist keinen Zugang oder nicht die nötigen Mittel hierfür. Um hier so gut wie möglich Abhilfe zu schaffen, bietet MSF den sich weitgehend selbst überlassenen Menschen im Süden von Dawei, rund um Pichar und Sonsypia, sowohl in stationären Gesundheitszentren als auch mit mobilen Kliniken kostenlose Gesundheitsversorgung an. 

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