DR Kongo: Mehr als 500 Patienten mit Arzneimittelvergiftung im Distrikt Ituri

RDC: Plus de 500 personnes victimes d’une intoxication médicamenteuse en Ituri

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Seit Januar 2015 hat Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) in der Region Ariwara im Nordosten des Distrikts Ituri der Demokratischen Republik Kongo mehr als 500 Personen mit rätselhaften Symptomen behandelt, zu denen insbesondere unfreiwillige Muskelkontraktionen zählten. Untersuchungen haben ergeben, dass die Betroffenen eine motorische Störung aufwiesen, die durch eine Arzneimittelvergiftung hervorgerufen worden war.

Anfang Januar wurde die internationale Hilfsorganisation Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF), die seit 2003 im Distrikt Ituri tätig ist, von den örtlichen Gesundheitsbehörden über eine mögliche Meningitis-Epidemie im Gesundheitsbezirk Nono alarmiert. Die Organisation setzte daraufhin ein Notfallteam zur Behandlung der ständig wachsenden Zahl an Patienten ein. «Unser Ärzteteam stellte schnell fest, dass es sich nicht um Meningitis handelte. Alle von uns durchgeführten Lumbalpunktionen fielen negativ aus und es gab keine Todesfälle», erklärt Philippe Latour, MSF-Landeskoordinator in der DR Kongo.
Aufgrund von Analysen, die das kongolesische Gesundheitsministerium in Auftrag gab, konnte im Februar der Verdacht auf Meningitis endgültig ausgeschlossen werden, ohne dass jedoch die Ursache der rätselhaften Erkrankung aufgeklärt wurde. Hauptsymptom war eine Dystonie, also motorische Störungen, insbesondere unfreiwillige Muskelkontraktionen, die zu einer anormalen Haltung des Oberkörpers und zu Gesichtsasymmetrien führten.

Ein gefälschtes Arzneimittel auf dem lokalen Markt

Parallel zur medizinischen Betreuung, die hauptsächlich aus der Verabreichung von Biperiden über einen Zeitraum von drei Tagen zur Unterbindung der Anfälle bestand, schickte MSF Urinproben an ein französisches Labor. Erste Ergebnisse zeigten das Vorkommen von Haloperidol, einem Neuroleptikum, das normalerweise zur Behandlung von Psychosen wie Schizophrenie eingesetzt wird.
«Dieses Medikament ist dafür bekannt, dystone Symptome auszulösen, genau diejenigen, unter denen die Patienten litten. Später konnten wir Haloperidol in Tabletten nachweisen, die auf dem lokalen Markt als Diazepam verkauft wurden. Diazepam wird zwar nur sehr selten verschrieben, aber trotzdem in dieser Region häufig eingenommen, um Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen, aber auch einfache Malariafälle zu behandeln», erklärt Adélaïde Ouabo, medizinische Koordinatorin von MSF in der DR Kongo. MSF warnte deshalb das Gesundheitsministerium und die Weltgesundheitsorganisation (WHO), dass das Syndrom wahrscheinlich auf eine Arzneimittelvergiftung zurückzuführen sei.
Ende Juni gaben MSF und die Gesundheitsbehörden eine Studie in Auftrag, um diese vorläufigen Ergebnisse zu bestätigen und andere Hypothesen auszuschliessen. Ausserdem verbreitete die WHO eine Warnmeldung, in der sie die verdächtigen Produkte und ihre Wirkungen eindeutig identifizierte. Daraufhin entsandte das Gesundheitsministerium Mitarbeitende in das betroffene Gebiet, um Massnahmen gegen die Ausbreitung des Syndroms zu ergreifen und insbesondere die Verordnung der fraglichen Medikamente zu untersagen.
Seit einigen Wochen hat MSF mit der Übergabe der medizinischen Tätigkeiten an die regionalen Gesundheitsbehörden begonnen. «Die Anzahl der Erkrankten ist signifikant zurückgegangen und beläuft sich derzeit auf etwa zehn Fälle pro Woche. Seit Beginn unseres Einsatzes haben wir das medizinische Personal vor Ort in die Betreuung der Patienten involviert. Zwar informieren wir die Patienten über die Gründe für das Syndrom, das im Prinzip weder tödliche noch irreversible Folgen hat, zusätzlich muss jedoch eine Massenaufklärungskampagne durch das Gesundheitsministerium erfolgen, um die Bevölkerung zu schützen. Und natürlich ist es unbedingt erforderlich, dass die gefälschten Medikamente vom Markt genommen werden», fordert Philippe Latour. Bis Ende September soll die Übergabe der Aktivitäten abgeschlossen sein.
MSF ist seit 2003 im Distrikt Ituri tätig. Seit 2008 ist ein Notfallteam vor Ort, beobachtet die Situation und leistet bei Bedarf medizinischer Notfallhilfe in den Provinzen Haut- bzw. Bas-Uélé und im Distrikt Ituri. Dieses Team kommt hauptsächlich bei Krankheiten mit Epidemierisiko zum Einsatz (z. B. Masern, Malaria, Meningitis, Cholera usw.) und behandelt Opfer von Konflikten.

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