Bunia: Einsatz im Gefängnis des Hungers

En deux mois, dix-sept prisonniers, référés de la prison de Bunia vers l’hôpital de la ville, sont décédés, victimes de dénutrition sévère. L’équipe MSF travaillant dans cette ville du district oriental de l’Ituri en République Démocratique du Congo, vient d’intervenir dans la prison pour mettre fin à cette tragédie. Visite d’un lieu de désolation où s’entassent plus de 500 prisonniers dont à peine un tiers d’entre eux ont jusqu’alors été jugés. Bunia, DR Congo, 1 janvier 2010.

6 Min.

Innerhalb von zwei Monaten sind 17 Häftlinge aus dem Gefängnis Bunia an schwerer Unterernähung gestorben, nachdem sie ins städtische Spital überwiesen worden waren. Um einer weiteren Tragödie vorzubeugen, hat das MSF-Team, das im Distrikt Ituri im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) im Einsatz ist, die Arbeit im Gefängnis von Bunia aufgenommen. Es folgt eine Bestandsaufnahme eines trostlosen Ortes, an dem mehr als 500 Häftlinge auf engstem Raum leben - nicht mal ein Drittel von ihnen ist bisher verurteilt worden.

Bunia – 16. Dezember 2009

Zwei grosse Zelte hat MSF vor einem langen, baufälligen Gebäude aufgeschlagen, das von einem Stacheldraht eingezäumt ist. Eine kleine Wachhütte, in der ein Polizist sitzt, ein aufgeschlagenes Register vor sich, während zwei seiner Kollegen unter einem Mangobaum diskutieren: So sieht der Eingangsbereich des Hauptgefängnisses von Bunia aus. Keinerlei Aktivität, keine spürbare Spannungen. Plötzlich taucht eine Gruppe Männer auf. Sie stellen sich in einer geordneten Schlange vor den Zelten auf. Die meisten von ihnen sind jung, nichts unterscheidet sie von den Passanten, die in der nächstgelegenen Strasse ihren Geschäften nachgehen. Bis auf eines: Sie verbringen ihre Tage und Nächte hier, in einer schrecklichen Umgebung: im einzigen Gefängnis , das es in der Provinz Ituri gibt, das eigentlich für etwa 100 Häftlinge vorgesehen ist, aber in dem derzeit fünf mal so viele untergebracht sind. Das Gefängnis ist nicht nur in einem völlig verfallenen Zustand. Bis vor kurzem mussten hier viele Häftlinge sogar verhungern.

Das Schlimmste verhindern

Als MSF den Behörden seine Hilfe angeboten hat, um diesen Zustand im Gefängnis zu beenden, haben diese rasch zugestimmt. Seit dem Einsatzbeginn Anfang Dezember ist nun kein Häftling mehr gestorben. Dennoch bleibt für die 540 derzeit inhaftierten Personen noch viel zu tun, insbesondere in medizinischer und sanitärer Hinsicht. „Der Einsatz von MSF hilft uns aus grossen Schwierigkeiten heraus“ erklärt Adrien Mamoudi, stellvertretender Leiter des Gefängnisses. Er hofft, dass dieser Einsatz die enormen Schwierigkeiten ans Licht bringen wird, unter denen die Häftlinge von Bunia leiden, auch, was die Verwaltung des Gefängnisses betrifft.

„Es ist nun die zweite Woche unseres Einsatzes“ erklärt Manuel Ihanga, MSF-Projektverantwortlicher von Bunia. „Letzte Woche haben wir das Schlimmste verhindert, indem wir alle unterernährten Häftlinge mit dem so genannten „Plumpy Nut“ – therapeutischer Nahrung – versorgt haben. So konnten zumindest neue Todesfälle verhindert werden.“ Das internationale Komitee des Roten Kreuzes hat MSF rasch unterstützt und versorgt nun das Gefängnis täglich mit Nahrung. „Seit zwei Tagen, haben wir mit den medizinischen Untersuchungen begonnen“ so Manuel Ihanga weiter.

Im ersten Zelt findet „Triage“ statt: Hier werden die Häftlinge von Claude Wakungo, einem Krankenpfleger, registriert, gewogen, ihre  Körpertemperatur wird gemessen, einfache Untersuchungen durchgeführt. Die komplizierteren Fälle oder jene, die Blutanalysen benötigen, werden ins zweite Zelt geschickt. Dort untersucht Serge Matata, ein zweiter Krankenpfleger, gemeinsam mit einem Arzt von MSF den ganzen Vormittag. Jean-Pierre Tika, ebenfalls Krankenpfleger, arbeitet seit einem Jahr als Gefängnis-Krankenpfleger. „Eine schwierige Arbeit“ sagt er. „Es gibt viele Kranke. Sie leiden an den verschiedensten Infektionen. Und die Mittel fehlen uns, wir haben sehr wenige Medikamente. Ausserdem kann ich jene, die dringend in ein Krankenhaus müssten, nicht überweisen. Es gibt zu viele Ausbruchsversuche.“

Schockierende Zustände

Ich folge Geoffrey Santini, dem MSF-Logistiker, der im Gefängnis zwei Quellen für fliessendes Wasser errichtet. Kaum haben wir die Türschwelle überschritten, sind wir überwältigt, von dem, was wir hier sehen: Eine Menge von Männern jeden Alters drängt sich auf  engstem Raum zusammen. Von dort gelangt man in den Hof, vorbei an Töpfen mit gekochtem Reis, die gerade gebracht wurden und hungrige Blicke auf sich ziehen. Wir müssen uns an unbeweglichen Männergruppen vorbeischlängeln, um unseren Weg bis zum Ende des Hofes zu finden. Dort sind die Latrinen und Duschen untergebracht.

Auf sehr engem Raum befinden sich dort vier aufgebrochene Latrinen und ein Trakt mit Duschen - mit wackeligen Mauern, ohne Türen. Der Geruch ist abstossend. „Wir haben den Häftlingen Handschuhe und Schutzkleidung gegeben, damit sie die Gruben leeren können“ erklärt Santini. „Davor mussten sie es mit blossen Händen tun. Glücklicherweise wird das Rote Kreuz diesen Trakt bald renovieren. Und wir sorgen hier so rasch wie möglich für Trinkwasser.“

Der Schnelleinsatz von MSF hat weitere Organisationen dazu bewogen, ihre Hilfe anzubieten. Manuel Ihanga geht mit mir in eine der Zellen: Ein dunkler Raum ohne Fenster, man kann nicht mal abschätzen, wie gross er ist. 108 Gefangene drängen sich in dem Raum, sie liegen auf abgenutzten Matten oder direkt auf dem Boden. Es gibt keine Betten. Dutzende Plastiksäcke mit Kritzeleien sind an die Wände geheftet und bringen so ein bisschen Farbe in den Raum. Das ist das einzige, was die Häftlinge besitzen. Über allem ein sehr starker, unbeschreiblicher Geruch. Manuel Ihanga geht zu einem Mann, der ein bisschen im abseits liegt. Er hat einen Schüttelfrost. Ein anderer, sehr junger Häftling kommt zu uns – mit kreidebleichem Gesicht. Er beklagt sich, dass er unter akutem Durchfall leidet. „Wir haben die Gefängnisleitung gebeten, dass der Krankenpfleger jeden Morgen durch das ganze Gefängnis geht, um zu sehen, ob nicht Häftlinge vergessen wurden, die untersucht werden müssen“ erklärt Manuel Ihanga. „Aber man kann nur schwer wirklich verstehen, was hier vor sich geht, wenn man nicht selbst nachsieht.“

In zwei Wochen Weihnachten…

Eine Tür führt zu einem anderen Teil des Gebäudes: Hier sind die Frauen und Jugendlichen untergebracht. Etwa 30 Frauen, jeden Alters, leben hier gemeinsam mit etwa 20 Jugendlichen. „Dieses Zusammenwohnen geht nicht ohne Probleme einher, es kommt zu Gewalt“ erklärt Manuel Ihanga. „Dies werden wir im Rahmen unseres Hilfsprojekts versuchen, zu beheben, indem wir eine Umgestaltung der Räumlichkeiten vorschlagen.“ Einer der Jungen wirkt noch wie ein Kind. Er dürfte höchstens 15 Jahre alt sein. Er entziffert mit Schwierigkeiten einen einfachen Satz, der mit Kreide auf eine schwarze Wand, beim Eingang der Zelle, geschrieben ist: „In zwei Wochen ist Weihnachten. Und wir sind hier“

„Diese Kinder müssen auch in die Schule gehen“ sagt Manuel Ihanga. Einer der Jungen, der die Nachricht auf die Tafel geschrieben hat, nickt schweigend.

Geoffrey Santini kommt wieder zu uns. Er hat soeben seine Arbeit beendet und versichert uns, dass es bald Wasser geben wird. Wir lassen die Kinder zurück und gelangen zwischen zwei installierten Feuerstätten, auf denen grosse Kochtöpfe mit Reis stehen, zum Ausgang. Ein Polizist, das Gewehr vorschriftsmässig an der Schulter, verschliesst die Eisentür hinter uns. „Zumindest müssen die Häftlinge heute keinen Hunger leiden, und morgen können sie sich waschen.“ erklärt Manuel Ihanga.

Langsam wird es Nacht im Gefängnis von Bunia.

Die erste Einsatzphase von MSF ist für eine Periode von drei Wochen vorgesehen. Etwa 50 Gefangene haben ab dem ersten Tag therapeutische Nahrung erhalten. Alle Häftlinge wurden von medizinischem Personal untersucht und erhalten nun die notwendige Therapie. Massnahmen zur Wasserversorgung und Verbesserung der sanitären Verhältnisse wurden eingeleitet.

Während der zweiten Einsatzphase, die etwa drei Monate dauern wird, werden gemeinsam mit anderen Hilfsorganisationen wie dem Internationalen Komitee des Roten Kreuzes weitere medizinische, ernährungsspezifische und logistische Massnahmen durchgeführt werden. Ziel ist es, am Ende dieser Periode garantieren zu können, dass zumindest die Nahrungsversorgung und die medizinische Versorgung aller Häftlinge gewährleistet ist.

Verwandte Beiträge