Äthiopien: Mobile Teams im Einsatz nach Kala-Azar Ausbruch

Kala Azar Ausbruch in Äthiopien. Februar 2023.

Äthiopien5 Min.

Ende 2022 wurde das Team von Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) über eine hohe Zahl von Todesfällen beim Volk der Mursi im unteren Omo-Flusstal informiert. Das Tal liegt in der Region der südlichen Nationen, Nationalitäten und Völker, eine der Verwaltungsregionen Äthiopiens. Dort leben über zwölf indigene Völker. Die Mursi sind mit rund 7000 Menschen eines dieser Völker. Sie sind Hackbauern, Rinderzüchter und betreiben Überschwemmungslandwirtschaft. Für sie und andere indigene Völker der Region ist die viszerale Leishmaniose, auch als Kala-Azar bekannt, eine wiederkehrende Bedrohung.

Als Reaktion auf die Warnung starteten wir sofort ein Projekt, um diese vernachlässigte Krankheit vor Ort zu bekämpfen. Innerhalb von nur knapp zwei Monaten fanden und behandelten wir 79 Betroffene.

Situation schlimmer als erwartet

Unsere Teams waren von der Situation vor Ort geschockt: Eine alarmierende Zahl dieses kleinen Volks, das keinen Zugang zu Gesundheitsversorgung hat, war an Kala-Azar erkrankt. Das Evaluierungsteam berichtete zudem über viele Kinder und Erwachsene mit schwerer akuter Mangelernährung, die durch Kala-Azar ausgelöst wurde.

Die viszerale Leishmaniose ist nicht nur eine der am stärksten vernachlässigten Tropenkrankheiten, sondern auch eine der tödlichsten. Unbehandelt endet sie meist innerhalb von vier Monaten tödlich. Sie trat 1942 erstmals in Äthiopien auf und ist inzwischen in vielen Regionen des Landes endemisch. Mehr als 3,2 Millionen Menschen sind von der Krankheit betroffen.

Zum ersten Mal von einer medizinischen Fachperson untersucht

Unsere mobilen Einsatzteams haben sich in den Gemeinden vor Ort aktiv auf die Suche nach Kala-Azar-Fällen gemacht und eine dringend benötigte medizinische Grundversorgung angeboten. Zahlreiche Menschen hatten damit die Gelegenheit, zum ersten Mal in ihrem Leben von Ärzt:innen oder einer Pflegefachperson untersucht zu werden. Auch geimpft waren die meisten von ihnen nicht.

Es ist wichtig, dass wir hier sind, da die Menschen noch nie eine medizinische Versorgung in Anspruch nehmen konnten. Es ist das erste Mal, dass sie in einer Klinik sind. Das gilt sogar für die über 60-Jährigen.

Tamirat Bantule, Arzt vor Ort.

«Wir haben auch einige Personen mit Malaria vorgefunden und viele mit ernährungsbedingter Anämie. Diese werden wir ins Spital überweisen», erklärt Tamirat Bantule, Arzt in unserem Team.

Wenn bei einer Person Kala-Azar festgestellt wird, dann wird sie ins rund 50 Kilometer entfernte Spital in Jinka geschickt. Innerhalb weniger Wochen war das Spital überfüllt. Die Teams installierten zusammen mit dem Personal des Gesundheitsministeriums Zelte, um mehr Platz für Behandlungen zu haben und schliesslich eine eigene Abteilung für viszerale Leishmaniose innerhalb des Spitals zu betreiben. Obwohl die Diagnose komplex und die Behandlung schmerzhaft ist, wurden alle bis jetzt behandelten Patient:innen wieder gesund.

Kala-Azar ist nicht die einzige Bedrohung

Doch angesichts des Vorkommens von Mangelernährung und anderer Infektionen besteht noch weiterer Handlungsbedarf. Aufgrund der schweren Dürre, die seit mehreren Jahren in weiten Teilen Äthiopiens herrscht, ist Kala-Azar nicht die einzige lebensbedrohliche Gefahr für die indigene Bevölkerung, die im unteren Omo-Flusstal um ihr Überleben kämpft. 

Der chronische Hunger, Masern, Cholera und Epidemien bereiten uns ebenso Sorgen, da die Menschen keine Routineimpfungen erhalten haben. Unsere Teams haben die Suche nach weiteren Kala-Azar-Fällen und die Grundversorgung durch die mobilen Kliniken auf weitere Teile des unteren Omo-Flusstals ausgeweitet und auch die Kapazität für Diagnose und Behandlung der Krankheit im Spital von Jinka weiter aufgestockt.

Ärzte ohne Grenzen arbeitet seit 37 Jahren mit den lokalen, regionalen und nationalen Behörden in Äthiopien zusammen, um medizinische Hilfe für Menschen zu leisten, die von Konflikten, Epidemien oder Katastrophen betroffen sind oder nur begrenzten Zugang zu Gesundheitsversorgung haben. Seit über 20 Jahren behandeln wir Menschen mit Kala-Azar, insbesondere im Rahmen von Nothilfeeinsätzen und unseres Projekts in Abdurafi in der Region Amhara, das sich Schlangenbissen und Kala-Azar widmet.

Alle unsere Aktivitäten beruhen auf den humanitären Prinzipien Menschlichkeit, Unabhängigkeit, Neutralität und Unparteilichkeit.