Mind the Deadly Gaps: Personalmangel im Gesundheitswesen führt zu tödlicher Verzögerung bei der Aids-Behandlung der am stärksten betroffenen Menschen

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Mexico City/Genf, 4. August 2008 – Am Eröffnungstag der 17. Internationalen Aids-Konferenz warnt Ärzte ohne Grenzen/Médecins Sans Frontières (MSF) vor dem tödlichen Mitarbeitermangel im Gesundheitswesen im südlichen Afrika im Bereich der Behandlung von Aids. In einem gestern, Sonntag, von MSF organisierten Symposium mit dem Titel “Mind the Gaps“ beschrieben Experten das Ausmaß des Personalmangels, sowie die unbedingte Notwendigkeit seitens Regierungen und Geberländern, sofort konkrete Schritte zur Unterstützung des Gesundheitspersonals zu unternehmen.

“Im Bezirk Thyolo in Malawi hält eine einzige Krankenschwester 400 Patienten am Leben, indem sie die lebensnotwendige Behandlung durchführt. Ihr Grundeinkommen beträgt jedoch gerade 3 US-Dollar (2 Euro) pro Tag”, erklärt Dr. Moses Massaquoi, medizinischer Koordinator von MSF in Malawi. “Es ist inakzeptabel wenn Regierungen und Geberländer sagen, dass es nicht nachhaltig möglich ist, ihr Gehalt zu erhöhen. Und das, obwohl sie für Medikamente im Wert von 7.500 US-Dollar (5.000 Euro) pro Monat und Patient verantwortlich ist. Wer bereit ist, Medikamente zu finanzieren, der muss auch einen Weg finden, um auftretenden Kosten wie Gehälter abdecken zu können.“
Noch immer erhalten 70 Prozent der Menschen, die mit HIV/Aids leben und eine antiretrovirale Therapie benötigen, diese nicht, und jene Patienten, die eine solche Therapie begonnen haben, erhöhen die Last auf das Gesundheitspersonal. Das Pflegepersonal hat wenig Zeit für die richtige Behandlung und Nachbehandlung der vielen Patienten. Dies kann zu Qualitätsproblemen oder zur Unterbrechungen der Behandlung führen, wenn Patienten durch lange Wartezeiten mehr und mehr entmutigt werden. 
Eine von MSF und anderen Organisationen erfolgreich erprobte Strategie zielt darauf ab, vor allem in ländlichen Gebieten bestehende Personalresourcen besser zu nutzen. Durch Training und Unterstützung können Pflegepersonal und Laien-Berater mehr Patienten erreichen, ohne die Qualität und Kontinuität der HIV/Aids-Behandlung zu gefährden. MSF zeigt beim Internationalen Aids-Kongress in Mexico City, dass gezieltes „Task Shifting“, also die Verschiebung mancher Aufgaben von Ärzten zum Pflegepersonal, es ermöglicht hat, antiretrovirale Therapie in Malawi, Lesotho, Südafrika und Ruanda deutlich schneller umzusetzen, ohne Qualitätsverluste in der Behandlung in Kauf nehmen zu müssen. Task Shifting ist jedoch kein Allheilmittel für den Mangel an Mitarbeitern im Gesundheitswesen und kann das grundlegende Problem nicht lösen.
Niedrige Gehälter, schlechte Arbeitsbedingungen und zu wenig Unterstützung und Supervision sind nur einige der Gründe, warum viele Mitarbeiter das Gesundheitswesen verlassen. Initiativen von Regierungen und Geberländern zur Minderung des “brain drains” in Richtung reicherer Länder können die gegenwärtige Krise nicht lösen. Bestehendes Personal muss in den Krankenhäusern und Kliniken gehalten und zusätzliche Mitarbeiter eingestellt werden.
“Es ist erschütternd zu beobachten, wie Menschen immer kranker werden und manchmal auch sterben, während sie Wochen oder Monate darauf warten, behandelt zu werden. Und das nur, weil es nicht genügend Personal gibt”, erklärt Dr. Mit Philips von Ärzte ohne Grenzen. “Das Gesundheitspersonal in Südafrika ist überarbeitet, unterbezahlt und unterbewertet. Während die Zahl an HIV-Patienten steigt, gibt es immer weniger Mitarbeiter. Zwar mögen zunehmend antiretrovirale Medikamente in den Lagern der Krankenhäuser liegen, die tödliche Kluft wird aber weiter wachsen, wenn es kein Personal gibt, dass die Medikamente verabreichen kann.“
Die jüngste Initiative des Global Funds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria, die auf die Finanzierung der generellen Stärkung von Gesundheitssystemen abzielt, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Vom Personalmangel betroffene Länder sollten diese zusätzliche Finanzierung nutzen, um die Zahl der Mitarbeiter im Gesundheitswesen zu erhöhen und deren Arbeitsbedingungen zu verbessern. Außerdem müssen Gehaltsobergrenzen und Grenzen für Personalausgaben seitens nationaler und internationaler Finanzinstitutionen angehoben werden, da sonst selbst mit zusätzlichen internationalen Geldern die Rekrutierung von zusätzlichem Personal und Gehaltserhöhungen nur sehr eingeschränkt möglich sein werden. 
Die internationale medizinische Hilfsorganisation Ärzte ohne GrenzenMédecins Sans Frontières (MSF) behandelt 140.000 Patienten (darunter 10.000 Kinder) in 27 Ländern mit antiretroviralen Medikamenten.
Weitere Informationen: http://www.msf.org/mindthegaps 

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