Tschad: Hunger, Fluten und Cholera

MSF appuie depuis le mois de juillet le Centre Nutritionnel Thérapeutique Hospitalier. Tchad 21.07.2010

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Im Tschad hat eine lange Dürreperiode, der sintflutartige Regenfälle folgten, die Ernte vernichtet und Brunnen überflutet. Manche Dörfer sind völlig von der Aussenwelt abgeschnitten. Die Menschen sind von Mangelernährung geschwächt und haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Dadurch können sie leicht an Cholera erkranken, die derzeit in der Region grassiert.

“Nach einer langen Dürreperiode sehnten alle die Regenzeit herbei. Aber der Regen kam in diesem Jahr früher und war stärker als erwartet”, sagt Oscar Niragira, medizinischer Koordinator von MSF im Tschad. Statt die trockenen Felder zu wässern, spülte der sturzbachartige Regen die frisch gepflanzten Stecklinge weg. Viele Familien verloren dadurch die Nahrungsmittel, die sie für ihre Familien angebaut hatten. Sie werden keine Erzeugnisse verkaufen können, um sich die Saat für die nächste Ernte oder andere Güter zu besorgen.
Die Fluten bedrohen nicht nur die Lebensgrundlage vieler Tschader, sie haben auch den Zugang vieler Menschen zu einer medizinischen Versorgung abgeschnitten. So sind beispielsweise einige Dörfer in der Nähe der MSF-Programme in Amtimam und Kerfi vollkommen von Wasser eingeschlossen und die Patienten können die Gesundheitseinrichtungen nicht mehr erreichen. Die MSF-Teams erwarten eine starke Zunahme der Patientenzahlen, sobald die Strassen und Flussbetten wieder begehbar sind. Schon vor Beginn der Regensaison wurde ein starker Zuwachs an mangelernährten Patienten beobachtet. In den kommenden Wochen erwartet MSF einen weiteren Anstieg der Mangelernährung, aber auch von parasitären Infektionen wie Malaria sowie von Haut- und Durchfallerkrankungen.

Das Immunsystem der Menschen ist geschwächt

“Wir haben in einem der überfluteten Dörfern namens Kishena Erkundungen durchgeführt. Wir fanden heraus, dass die Leute wegen des Hungers begonnen haben, Wildgetreide zu essen, das sie normalerweise nicht zu sich nehmen würden“, so Niragira. „Viele der Brunnen sind zudem vom Regen überflutet oder zerstört worden und die Menschen müssen verschmutztes Wasser trinken. Sie benützen das nicht abgekochte Wasser aus den Flussbetten zum Trinken, Kochen und Waschen.“
Cholera kann sich unter solchen Bedingungen leicht ausbreiten: Zwischen Juni und September 2010 wurden in zwölf Distrikten des Landes mehr als 2’400 Cholerafälle verzeichnet – vor allem im Westen und in Zentraltschad. 109 Menschen sind bereits an der Krankheit gestorben. MSF hat in N’Djamena, der Region Lac und in Bokoro bereits mehr als 1’300 Cholerapatienten behandelt: „Wir haben dort zusammen mit dem Gesundheitsministerium Cholera-Behandlungszentren aufgebaut. Wir helfen im Wasser- und Sanitärbereich und mit allgemeiner technischer Unterstützung“, so Niragira.
Überflutete Quellen erhöhen das Risiko von Choleraausbrüchen, ausserdem fehlen oft Latrinen. Doch auch andere Faktoren spielen eine Rolle, erklärt Alexis Bahati, medizinischer Teamleiter von MSF in Bokoro: „Cholera kommt im Tschad saisonbedingt vor und es gibt regelmässig grössere Ausbrüche. Die Tatsache, dass jetzt mehr Menschen daran erkranken, liegt wahrscheinlich daran, dass die ohnehin schon geschwächte Bevölkerung auch noch von den schweren Regenfällen und Überflutungen getroffen wurde. Es gab in jüngster Zeit wieder vermehrt Masernausbrüche und die Mangelernährungsraten sind hoch. Das Immunsystem der Menschen ist also bereits geschwächt und das ist ein typisches Szenario für Choleraausbrüche.“

Mehr als 27’000 mangelernährte Kinder versorgt

Die Ernährungssituation hat sich nicht stabilisiert. „Unsere grösste Sorge im Hinblick auf die kommenden Monate ist die sogenannte “Hungerlücke”. Das ist die heikle Zeit, in der die Nahrungsmittelvorräte aufgebraucht sind und man darauf wartet, dass die neue Ernte eingebracht wird. Diese Zeit wird jetzt länger dauern als sonst“, erklärt Niragira. Bislang haben MSF-Teams mehr als 27’000 mangelernährte Kinder behandelt, von denen mehr als 21’700 schwer betroffen waren. Die Teams gehen davon aus, dass die Zahlen auch in den nächsten Wochen nicht abnehmen werden. 
MSF betreibt Ernährungsprogramme in den Regionen Hadjer Lamis, Batha, Guéra, Chari Baguirmi, Ouaddai, Salamat sowie in der Hauptstadt N'Djamena.

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