Libanon: Syrische Flüchtlinge in verzweifelter Lage

La guerre continue en Syrie et de plus en plus de réfugiés affluent à Tripoli

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Die MSF-Ärztin Aoife Doran berichtet von ihrer Arbeit aus Tripoli im Libanon. Ihr Einsatzort befindet sich ungefähr dreissig Kilometer von der syrischen Grenze entfernt, wo sich Zehntausende Syrer nach der Flucht aus ihrem Land niedergelassen haben.

Der Sommer ist hierzulande wirklich angekommen: Das Thermometer klettert auf über fünfunddreissig Grad, was bei der hohen Luftfeuchtigkeit ganz schön zu schaffen macht. Manchmal denke ich fast wehmütig an unser sprichwörtlich schlechtes irisches Wetter zurück. Doch diese „nostalgischen“ Momente dauern nie lange an.
Wir haben in den Kliniken hier nach wie vor alle Hände voll zu tun. Je länger der Krieg in Syrien wütet, desto mehr Flüchtlinge kommen nach Tripoli und in die umliegenden Gebiete. Diese Menschen haben enorme soziale und medizinische Bedürfnisse. Ihre Geschichten schockieren mich immer wieder, vieles ist kaum zu fassen.

Eine Familie in grosser Not

Abdel ist ein fünfundfünfzigjähriger Mann aus Syrien mit einer langen Liste an medizinischen Problemen: Wegen seiner Herzkrankheit musste er sich vor zwei Jahren bereits einer schweren Operation unterziehen. Zudem leidet er an unzureichend eingestelltem Diabetes, an Bluthochdruck und an einer obstruktiven Lungenkrankheit. Im März 2013 kam er zum ersten Mal in eine unserer Kliniken. Er wurde von seiner Frau begleitet, die mittlerweile seine Pflegerin geworden ist. Abdels Zustand war so schlecht, dass er den Weg in die Klinik alleine nicht geschafft hätte.
Seit vor 2 Jahren der Krieg in Syrien begann und Abdel im Zuge davon keine angemessene medizinische Behandlung mehr erhielt, ging es mit seiner Gesundheit bergab. Er berichtete uns, dass er vor zwei Jahren noch als unabhängiger Fotograf arbeitete und den Lebensunterhalt für sich selbst, seine Frau und seine drei Kinder verdiente. Bei seinem heutigen Zustand wäre das undenkbar. Das medizinische MSF-Team in der Dar-al-Zahraa-Klinik hat ihn untersucht und behandelt. Wir konnten ihm die Medikamente gegen Bluthochdruck und Diabetes geben, die er dringend benötigte.
Abdels Frau sah erschöpft und mitgenommen aus. Im Gespräch mit den MSF-Pflegefachfrauen brach sie in Tränen aus. All die Strapazen der letzten Zeit brachen aus ihr heraus: Das Ehepaar musste mit seinen drei Söhnen (8, 13 und 22 Jahre alt) im Libanon Zuflucht suchen. Die beiden älteren Söhne leiden beide an psychischen Störungen. Der älteste, Wael, hat regelmässig epileptische Anfälle und zeitweise schwere Verhaltensstörungen. Für seine Eltern ist es in solchen Momenten nicht möglich, sich angemessen um ihn zu kümmern.
Die Reise vom Nordlibanon, wo Abdel und seine Frau nun leben, bis in die MSF-Klinik war lang und strapaziös. Wir beschlossen, die Familie in ihrer Unterkunft zu besuchen, um uns ein Bild von ihren medizinischen Bedürfnissen und ihren Lebensumständen zu machen. Die fünf Familienmitglieder leben in zwei kleinen, kargen Räumen, fast ohne Möbel und mit ungenügender Belüftung. MSF konnte der Familie mit der medizinischen Betreuung von Wael, dem ältesten Sohn, direkt helfen. Unser Sozialarbeiter nahm ausserdem Kontakt mit anderen Nichtregierungsorganisationen in der Gegend auf, welche die Familie mit Nahrungsmitteln und Geldbeträgen unterstützten. Die NGOs werden die Familie zudem an die örtlichen sozialen Hilfsdienste weitervermitteln, deren Unterstützung sie dringend benötigen.

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