Der EU-Türkei-Deal macht krank

MSF appelle l’UE ainsi que les dirigeants des Etats membres à radicalement changer leur approche face à la migration et à faire cesser les souffrances inutiles.

Türkei2 Min.

Das EU-Türkei-Abkommen hat verheerende Auswirkungen auf die Gesundheit von Schutzsuchenden. Zu diesem Ergebnis kommt ein heute von der internationalen Hilfsorganisation MSF vorgestellter Bericht. In den EU-Hotspots auf den griechischen Inseln ist die Zahl der Asylbewerber mit psychischen Beschwerden stark gestiegen. Die Europäische Union und die Türkei haben das Abkommen am 18. März 2016 geschlossen, am 20. März trat es in Kraft.

«Der EU-Türkei-Deal beeinträchtigt die Gesundheit unserer Patienten direkt. Viele von ihnen sind immer stärker gefährdet», sagt Jayne Grimes, Psychologin von Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) auf Samos. «Sie sind vor extremer Gewalt, Folter und Krieg geflohen und haben eine äusserst gefährliche Flucht überlebt. Jetzt werden ihre Ängste und Depressionen verschärft durch die schlechten Lebensbedingungen und dadurch, dass sie keine Informationen über ihren rechtlichen Status erhalten. Sie verlieren jegliche Hoffnung auf eine sichere, bessere Zukunft. Ich treffe oft Menschen, die Selbstmordgedanken haben oder sich selbst verletzen wollen.»

Laut dem Bericht ist die Zahl der Patienten mit Symptomen von Ängstlichkeit und Depression im psychologischen Programm von MSF auf der Insel Lesbos um das Zweieinhalbfache gestiegen. Der Anteil der Patienten mit posttraumatischem Stresssyndrom verdreifachte sich. Auch Symptome von Psychosen traten häufiger auf. Die Teams treffen auch auf mehr Menschen mit schweren Traumata und mit selbstverletzendem Verhalten und registrieren mehr Selbstmordversuche. Auf Samos haben die Teams eine ähnliche Verschlimmerung und ebenfalls mehr Suizidversuche festgestellt.

«Europäische Politiker glauben weiterhin, dass sie Menschen, die um ihr Leben fliehen, davon abhalten können, indem sie Zäune bauen und diejenigen bestrafen, die versuchen sie zu überqueren», sagt Aurelie Ponthieu, verantwortlich für humanitäre Fragen und Migration bei MSF.

«Unsere Teams behandeln jeden Tag die physischen und psychischen Wunden dieser Abschreckungspolitik. Solche Massnahmen sind nicht nur unmenschlich und inakzeptabel, sie sind noch dazu nicht effektiv.»
Als Reaktion auf den EU-Türkei-Deal hat MSF im Juni 2016 entschieden, keine Gelder von der EU und ihren Mitgliedsstaaten mehr anzunehmen. Die Organisation fordert die Staats- und Regierungschefs auf, sichere und legale Fluchtwege durch Umsiedlung, humanitäre Visa, Familienzusammenführung sowie Arbeits- und Studentenvisa zu schaffen.
MSF leistet seit 1996 Hilfe für Migranten und Asylsuchende in Griechenland und ist derzeit an mehr als 20 Orten im Land aktiv. Schwerpunkte der Arbeit sind psychologische Betreuung, Mutter-Kind-Gesundheit und die Behandlung chronischer Krankheiten. 2016 haben die MSF-Teams in Griechenland 72‘740 Konsultationen durchgeführt.

Seit Ende 2014 ist MSF auch in Serbien aktiv. An den Orten, an denen Flüchtlinge und Migranten das Land betreten bzw. verlassen, stellen die Teams medizinische und psychosoziale Hilfe, Unterkünfte sowie Wasser- und Sanitäranlagen zur Verfügung. Seit Januar 2016 betreibt MSF in Belgrad zudem eine mobile Klinik. Menschen, die in informellen Ansiedlungen im Zentrum der Stadt gestrandet sind, erhalten hier eine medizinische Grundversorgung sowie psychosoziale Betreuung.
Im Jahr 2016 haben die Teams zudem Hilfsgüter wie Decken und Hygieneartikel verteilt und immer wieder öffentlich darauf hingewiesen, dass die in Serbien gestrandeten, schutzbedürftigen Menschen Zugang zu Gesundheitsversorgung, Unterkünften und Schutz erhalten müssen.