Nach Entzug der Akkreditierung beendet MSF das Tuberkulose-Programm in der Strafanstalt Donezk

D’un point de vue médical et éthique, il est irresponsable de gérer un programme contre la tuberculose qui est fréquemment interrompu.

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MSF beendet die Betreuung des Programms zur Behandlung von Patienten mit multiresistenter Tuberkulose (MDR-TB) in der Strafanstalt der selbsternannten Volksrepublik Donezk. Am 19. Oktober hatte das Humanitäre Komitee der selbsternannten Volksrepublik der Organisation die Akkreditierung entzogen.

Seither haben 146 MDR-TB-Patienten keinen Zugang zu einer lebensrettenden Behandlung. Jetzt macht es für Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) keinen Sinn mehr, sich weiter um die Fortsetzung des MDR-TB-Programms in der Regionalen Strafanstalt zu bemühen, das 2011 begonnen wurde. MSF setzt sich aber weiter mit Nachdruck dafür ein, die übrigen Aktivitäten für die Gesundheitsversorgung der Menschen in der Region so schnell wie möglich wieder aufnehmen zu können, die nach dem Entzug der Akkreditierung ebenfalls gestoppt worden waren. Der Bedarf an medizinischer Hilfe ist in Donezk nach wie vor hoch
„Wir bedauern zutiefst, dass wir die Entscheidung treffen mussten, unsere Unterstützung des MDR-TB-Programms zu beenden”, sagt Gabriela Das, medizinische Koordinatorin von MSF in der Ukraine. „Doch die unsicheren Arbeitsbedingungen, mit denen sich MSF in den vergangenen Monaten konfrontiert sah, machen es uns unmöglich, noch länger zu hoffen, dass wir das MDR-TB-Programm doch weiterführen können. Unter medizinischen und ethischen Gesichtspunkten ist es unverantwortlich, ein Tuberkulose (TB)-Programm zu betreiben, das immer wieder unterbrochen werden muss. Wenn Patienten ihre Medikamente eine Zeit lang nicht nehmen können und für die belastende und langwierige Behandlung nicht die nötige Unterstützung erhalten, entstehen weitere Resistenzen. Das ist nicht nur gefährlich für jeden einzelnen Patienten, sondern stellt auch eine Bedrohung der öffentlichen Gesundheit dar. „Aus diesem Grund beendet MSF nun die Verhandlungen mit den Behörden der selbsternannten Volksrepublik Donezk, die das Ziel hatten, die Arbeit in der Strafanstalt wieder aufzunehmen.
MSF hatte in Kooperation mit den örtlichen Behörden 2011 begonnen, MDR-TB-infizierte Häftlinge in der Regionalen Strafanstalt Donezk zu behandeln. Innerhalb von fünf Jahren wurden 756 Patienten in das Programm aufgenommen. Zuletzt wurden 146 Patienten behandelt.
Wissenschaftliche Studien legen nahe, dass eine Korrelation besteht zwischen dem Erfolg einer TB-Behandlung und der Häufigkeit, mit der ein Patient seine Behandlung unterbrechen und wieder aufnehmen muss. So war zu beobachten, dass die Heilungschance eines Patienten signifikant sinkt, je öfter er seine Behandlung unterbrechen muss. Hinzu kommt eine Bedrohung der öffentlichen Gesundheit, denn die Unterbrechung einer TB-Behandlung führt zu vermehrten Resistenzen der TB-Bakterien gegen Medikamente der ersten und zweiten Behandlungslinie.
Für MSF wäre eine Wiederaufnahme der Arbeit in der Strafanstalt nur unter folgenden Bedingungen möglich:

  • ein dauerhafter Zugang zur Strafanstalt für mindestens zwei Jahre, um die Behandlung der Patienten abschliessen zu können, die sich derzeit im MDR-TB-Programm befinden;
  • es muss in dieser Zeit garantiert sein, dass internationalen und einheimischen Mitarbeiter von MSF vor Ort sicherstellen können, dass die Patienten ausreichend unterstützt sowie die Qualitätsstandards der Behandlung eingehalten werden;
  • die Behörden müssen verbindlich zusagen, dass MSF das für die Umsetzung des Programms nötige Material ungehindert einführen darf – ohne Zwischenhändler oder die Einmischung externer Akteure, die nichts mit dem TB-Programm zu tun haben.

MSF hatte am 19. Oktober die schriftliche Benachrichtigung des Humanitären Komitees der selbsternannten Volksrepublik Donezk erhalten, dass die Akkreditierung der Organisation entzogen sei und die Arbeit sofort eingestellt werden müsse. Begründet wurde dies nicht. „In den vergangenen Wochen haben wir versucht, eine Vereinbarung mit dem Komitee zu treffen, um unsere Aktivitäten für die Patienten wieder aufnehmen zu können, unter anderem für diejenigen, die an MDR-TB leiden. Für unser TB-Programm ist inzwischen jedoch zu viel Zeit vergangen. Wir setzen uns aber weiter dafür ein, die übrigen Aktivitäten für die Gesundheitsversorgung der Menschen in der Region so schnell wie möglich wieder aufnehmen zu können“, so Gabriela Das.
MSF fordert das Humanitäre Komitee der selbsternannten Volksrepublik Donezk nach wie vor dringend auf, seine Entscheidung zu überdenken, der Organisation die Akkreditierung zu entziehen, so dass die Teams die dringend nötige Gesundheitsversorgung in der Region wieder aufnehmen können. MSF ist eine der wenigen Organisationen, die neben anderen lebenswichtigen Medikamenten auch Insulin für Diabetiker zur Verfügung stellt sowie nach Nierenversagen Dialyse anbieten kann.
Seit Beginn des Konflikts in der Ukraine im Mai 2014 hat MSF Medikamente und Material an insgesamt 170 medizinische Einrichtungen gespendet, damit dort Kriegsverletzte und chronisch Kranke versorgt werden konnten. Seit Mai 2015 hat MSF zusammen mit örtlichen Gesundheitsbehörden zudem mehr als 85.000 medizinische Konsultationen in 40 mobilen Kliniken durchgeführt. So konnten Menschen auch an Orten medizinisch versorgt werden, aus denen Ärzte und Pflegepersonal geflohen waren und wo die Apotheken leer sind.

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