Irak: MSF verstärkt Aktivitäten

Plus de trois millions d'Irakiens sont actuellement déplacés à cause du conflit d’après les sources de l’Organisation Internationale pour les Migrations (OIM).

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Im Irak verschlechtert sich die humanitäre Lage zusehends. Vielen gewaltsam vertriebenen Menschen steht bereits der dritte Winter unter schwierigen Bedingungen bevor.

Der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge leben im Irak zurzeit mehr als drei Millionen intern Vertriebene. Viele sind in Vertriebenenlagern untergekommen, andere in Schulen, Moscheen, Kirchen oder Rohbauten. Neben dem mangelnden Zugang zu medizinischer Versorgung leiden die Vertriebenen auch unter den psychologischen und emotionalen Folgen des Kriegs. Viele von ihnen fürchten noch immer um ihr Leben. Da sich die Kämpfe in den Gebieten um Mosul und Hawidscha intensiviert haben, steigt darüber hinaus die Anzahl der gewaltsam Vertriebenen weiter an.
Seit Juni 2014 hat Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) die Aktivitäten für Vertriebene verstärkt, indem mobile medizinische Teams entsandt, lokale Gesundheitseinrichtungen unterstützt und Feldlazarette eröffnet wurden. Die mobilen medizinischen Teams passen ihre Hilfe den jeweiligen Bedürfnissen an. Dabei liegt der Fokus auf Bevölkerungsgruppen, die aufgrund eingeschränkter Bewegungsfreiheit oder fehlender finanziellen Mittel keinen Zugang zu medizinischer Hilfe haben.

Der Kampf um Mosul

Die heftigen Kämpfe um Mosul haben immer mehr Menschen in die Flucht getrieben. Nach Schätzungen des Amtes für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) aus der ersten Dezemberwoche wurden rund 85‘000 Menschen in der Stadt und Umgebung vertrieben.
Im Oktober 2016 eröffnete MSF rund 30 Kilometer nördlich von Mosul ein chirurgisches Feldlazarett. Die Teams bieten dort lebensrettende chirurgische Eingriffe für schwer Verletzte an, die es nicht mehr bis in die nächstgelegene permanente Gesundheitseinrichtung schaffen würden. Die meisten Patienten wurden wegen Schusswunden oder Granatsplitterverletzungen aufgenommen. Vor Kurzem richteten die Teams zudem ein Stabilisierungszentrum für Patienten in kritischem Zustand nahe der nördlichen Frontlinie ein. Erst wenn die Verletzten transportfähig sind, werden sie in Spitäler überwiesen.
In Kajjarah, südlich von Mosul, eröffnete MSF Anfang Dezember 2016 eine Notaufnahme und eine stationäre Behandlungseinheit auf dem Gelände eines Gesundheitszentrums. Die Teams leisten dort chirurgische und notmedizinische Hilfe. In der ersten Woche behandelten sie 250 Patienten.
Die Organisation wird in der Region noch weitere Stabilisierungszentren nahe der Frontlinien eröffnen. Im November 2016 haben die mobilen klinischen Teams in Erbil, die allgemeine Konsultationen und psychologische Beratungen durchführen, ihre Aktivitäten ausgeweitet und helfen nun auch den durch die Kämpfe in Mosul vertriebenen Menschen. Diese leben derzeit in den Vertriebenenlagern in Khazer und Hasansham.

Nordirak

In den Gebieten nahe der Frontlinien im Bundesstaat Ninewa bieten die mobilen MSF-Teams den Vertriebenen, Rückkehrern und bedürftigen Dorfgemeinschaften allgemeine medizinische Hilfe und psychologische Betreuung und behandeln chronische Krankheiten. In der Region Kurdistan und in der Umgebung von Kirkuk werden ähnliche Dienste angeboten.
In Kirkuk hilft MSF der steigenden Zahl von Vertriebenen und Kriegsverletzten aus Hawidscha, wo derzeit (Stand: Dezember 2016) eine militärische Offensive läuft. Die Organisation unterstützt zwei Spitäler und leistet basismedizinische Hilfe in Vertriebenencamps sowie an den Übergängen entlang der Frontlinie von Kirkuk-Hawidscha, an denen die Menschen von Hawidscha nach Kirkuk fliehen.
MSF eröffnete zudem eine Geburtshilfestation im Dorf Tal Maraq, im Bundesstaat Ninewa. Viele Frauen entbinden in dieser Region zu Hause   ohne Unterstützung von einer Fachperson. Die Geburtshilfestation bietet geburtshilfliche Leistungen und die Versorgung von Neugeborenen an. Die Teams kümmern sich um kleinere Komplikationen; Patientinnen mit schwereren Komplikationen werden an die Spitäler in Zakho überwiesen.
In Sulaimaniyya arbeitet MSF gemeinsam mit den örtlichen Gesundheitsbehörden im Notfallspital der Stadt. Die Teams bieten dort praktische Trainings an, um die medizinische Qualität auf der Intensivstation und in der Notaufnahme zu verbessern.

Zentralirak

Während die Militäroperationen im Nordwesten des Landes ausgeweitet werden, strömen Tausende Iraker weiterhin in die relativ sicheren Regionen, wie in den im Zentrum gelegenen Bundesstaat Salaheddin. MSF betreibt in der Stadt Tikrit und in der Umgebung seit Juni 2016 mobile Kliniken. Die Kliniken bieten ambulante und psychologische Hilfe an.
Im Bundesstaat Diyala behandelt MSF gemeinsam mit den örtlichen Gesundheitsbehörden Menschen mit chronischen Krankheiten. In den Lagern in Khanaqin sowie in den kürzlich zurückeroberten Städten Jalawla und Sadiya erhalten Vertriebene Konsultationen für Geschlechtskrankheiten sowie Schwangerschaftsberatungen. Auch psychologische Beratungen und Massnahmen zur Gesundheitsförderung werden angeboten.
Im Bundesstaat Anbar betreut MSF eine Klinik mit 20 Betten in einem Vertriebenenlager, in dem rund 60‘000 Menschen leben. Die Klinik bietet eine kurzfristige stationäre Versorgung und umfasst eine Notaufnahme und eine Stabilisierungsstation, bald kommt noch psychologische Hilfe dazu. Auch Überweisungen in andere Spitäler werden organisiert.

Bagdad

In Abu Ghraib leistet MSF medizinische und psychologische Hilfe für Vertriebene aus dem Zentrum des Landes, die hauptsächlich aus den Bundesstaaten Anbar, Salaheddin und Diyala kommen. Ein mobiles Team arbeitet in den verarmten Stadtvierteln im Bezirk Abu Ghraib, in denen sich in den vergangenen zwei Jahren zahlreiche Vertriebene niedergelassen haben. Ein zweites medizinisches Team ist in einer Klinik im Gebiet Al-Shuhada II tätig.
In Bzeibiz, das die Hauptstadt Bagdad mit dem Bundesstaat Anbar verbindet, betreibt MSF seit Januar 2016 eine basismedizinische Klinik. Das Zentrum verfügt über eine Notaufnahme, die rund um die Uhr geöffnet ist, und eine Tagesklinik.

Südirak

Im November 2016 pilgerten mehr als 20 Millionen Menschen in den Bundesstaat Kerbela, um am Gedenkfest in Arbain teilzunehmen. MSF nutzte die Gelegenheit, um eine Anti-Krätze-Kampagne durchzuführen, da die Menschen während der Veranstaltung auf sehr engem Raum zusammen waren.
Zudem sind Verhandlungen mit den Gesundheitsbehörden im Gang, ob MSF ab Januar 2017 ein Kinderspital mit 70 Betten in Musayyib, im Bundesstaat Babil, unterstützen wird.

Hilfe für syrische Flüchtlinge in Irak

Im Flüchtlingslager in Domiz betreibt MSF eine Geburtshilfestation, wo Frauen sicher entbinden können. Die Teams bieten dort auch reproduktive Gesundheitsversorgung an. Ausserdem stellen Psychologen und Psychiater von MSF sicher, dass syrische Flüchtlinge in den Lagern Kawargosk, Gawilan und Darshakran entsprechend behandelt werden.

Rekonstruktive Chirurgie in Jordanien

Seit August 2006 überweist ein Netzwerk von irakischen Ärzten Gewaltopfer aus allen Teilen Iraks an das MSF-Spital für reproduktive Chirurgie in der jordanischen Hauptstadt Amman. Das chirurgische Team ist auf hochkomplexe chirurgische Eingriffe spezialisiert, die multiple Behandlungsstufen erfordern. Dabei geht es vor allem um Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, orthopädische Eingriffe und Operationen für Menschen mit schweren Verbrennungen. Die Patienten erhalten auch Physiotherapie und psychologische Hilfe.
Im Jahr 2016 hielten die MSF-Teams im Irak 174‘931 Sprechstunden ab: 21‘686 psychologische Beratungen, 28‘782 Konsultationen für Geschlechtskrankheiten und Schwangerschaften und 1081 Entbindungen. Dazu waren 888 lokale und 116 internationale Mitarbeitende im Einsatz.