«In Rann zu erkranken, kommt praktisch einem Todesurteil gleich»

“Ce qui est saisissant, c’est le flot journalier de nouveaux déplacé. Des hébergements faits de paille sont dispersés à travers toute la ville.”

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Rann, eine Ortschaft im Norden Nigerias, wurde am 17. Januar Ziel eines Luftschlags der nigerianischen Streitkräfte. Bei der Bombardierung, für welche die Armee die Verantwortung übernahm, kamen mindestens 90 Menschen ums Leben; Hunderte wurden verletzt. MSF war zur Zeit des Angriffs vor Ort, um die medizinische Versorgung zu gewährleisten.

MSF-Teams sind vor Kurzem nach Rann zurückgekehrt, um die Bevölkerung mit dringend notwendiger medizinischer und humanitärer Hilfe zu versorgen. MSF-Projektkoordinator Silas Adamou beschreibt die humanitäre Lage in Rann.

Es fehlt besonders an Gesundheitsversorgung, Wasser und Unterkünften

«Die Lebensbedingungen hier in Rann sind schrecklich. Die Menschen leben auf der Strasse in behelfsmässigen Unterkünften und müssen mit weniger als fünf Litern Wasser pro Kopf und Tag auskommen. Das ist weit unterhalb der empfohlenen Menge. Den Menschen bleibt nichts anderes übrig, als Wasser aus schlammigen Pfützen zu nehmen. Viele unserer Patienten leiden an Durchfall – das Wasser, das sie trinken, macht sie krank.»
Die humanitäre Lage in Rann spitzt sich ausserdem zu, weil der Zustrom von Vertriebenen nicht nachlässt. Besonders dringend werden medizinische Versorgung, Unterkünfte und Wasser gebraucht. Es gibt keine funktionierenden ständigen Gesundheitseinrichtungen in der Ortschaft und Patienten können aufgrund mangelnder Kapazitäten nicht ins Spital eingewiesen werden, obwohl sie dringend behandelt werden müssten. Bei der derzeitigen Sicherheitslage ist es zudem unmöglich, weite Strecken zurückzulegen, um ins nächstgelegene Spital zu gelangen. In Rann zu erkranken, kommt praktisch einem Todesurteil gleich.»

Der Zustrom von Neuankömmlingen lässt nicht nach

«Und jeden Tag kommen neue Vertriebene dazu. Überall improvisieren sich die Menschen Nachtlager aus Stroh. Es gibt keinen weissen Fleck im Ort, sogar mitten auf der Strasse werden Unterkünfte behelfsmässig zusammengebaut. Ich weiss nicht, was passiert, wenn noch mehr Menschen hierherkommen. Diese Menschen haben ihr Zuhause verloren. Sie haben nur grundlegende Dinge wie Kochtöpfe und -geräte bei sich, alles andere mussten sie zurücklassen.»

Die Angst ist allgegenwärtig

«Die Bevölkerung ist verängstigt. Erwachsene wie Kinder laufen panisch davon, wenn sie Hubschrauber sehen. Die Menschen haben Angst vor einem weiteren Luftangriff und vor Boko Haram. Sie sagen, sie fühlen sich wie Gefangene mitten im Kreuzfeuer.»
Mütter erzählen, dass ihre Kinder in der Nacht aufwachen und grundlos weinen. Erwachsene beklagen Schlafstörungen, weil sie sich um ihre Sicherheit und ihre Zukunft sorgen.»

Der Einsatz von MSF in Rann

«Die Sicherheitslage und die Entfernung erschweren die Arbeit von humanitären Hilfsorganisationen vor Ort, denn sie haben nur beschränkt Zugang zu diesem Gebiet. Médecins Sans Frontières/Ärzte ohne Grenzen (MSF) kann nur dann medizinische Hilfe leisten, wenn der Zugang gesichert ist. Wir führen allgemeingesundheitliche Sprechstunden durch, vor allem für Frauen und Kinder. Die Haupterkrankungen werden durch die schlechten Lebensbedingungen und Wassermangel verursacht. Wir untersuchen Kinder auch auf Mangelernährung und impfen sie gegen Masern. Unsere Teams arbeiten daran, die Wasserversorgung zu verbessern, der Bedarf ist aber weit grösser, als die Hilfe, die wir zurzeit gewährleisten können.»

Enormer Bedarf, beschränkter Zugang

«In einigen Monaten beginnt die Regenzeit. Die Zugangsstrassen nach Rann werden aufgrund der Regenfälle ganz unterbrochen und die Ortschaft ist dann ganz von der Aussenwelt abgeschnitten. Der humanitäre Bedarf ist bereits jetzt enorm, aber die Lage wird sich wohl noch zuspitzen, wenn der Regen einsetzt. Die Menschen sitzen dann praktisch in der Falle.»