Hilfe für die Vertriebenen rund um den Tschadsee

Il y a plus d’un million de déplacés internes dans le Borno et près de 400 000 vivent aujourd’hui à Maiduguri, la ville principale de la région.

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Übersicht über die Hilfstätigkeiten von MSF für die Menschen, die durch die Übergriffe von Boko Haram vertrieben werden.

Der Konflikt zwischen Boko Haram und der nigerianischen Armee und wiederholte Angriffe auf Zivilisten im Bundesstaat Borno im Nordosten Nigerias veranlassen Tausende Menschen, auf der Suche nach Sicherheit ihr Zuhause zu verlassen. Gemäss dem UNHCR gibt es in dieser Region zurzeit über 1.5 Millionen Vertriebene. Die meisten von ihnen sind Binnenflüchtlinge innerhalb Nigerias, besonders im Nordosten des Landes. Weitere 157‘000 Menschen sind seit Januar 2015 in die Nachbarländer Niger, Tschad und Kamerun geflüchtet. Auch diese Länder sind von sporadischen grenzübergreifenden Angriffen und Militäroffensiven bedroht. Diese Angriffe haben bereits Dutzende Opfer gefordert und tausende Menschen vertrieben. Auch vergangene Woche starben am 17. Juni bei einem Angriff in zwei Dörfern im Südosten Nigers Dutzende Menschen; zwei Tage zuvor gab es in der tschadischen Hauptstadt N’Djamena zwei Bombenangriffe, die vermutlich im Zusammenhang mit Boko Haram stehen.
Die nigerianische Krise verschärft eine bereits prekäre Lage und vergrössert das Leid der Bevölkerung. Die humanitären Organisationen haben wegen der wachsenden Unsicherheit grosse Schwierigkeiten, sich ein genaues Bild über die Bedürfnisse in der Region zu verschaffen. MSF ist zurzeit eine der wenigen Organisationen, die in der Region präsent sind, um die nationalen Behörden der vier betroffenen Länder rund um den Tschadsee zu unterstützen und das Leid der betroffenen Bevölkerung zu lindern.

Nigeria

Die Sicherheitslage im Bundesstaat Borno bleibt äusserst instabil und angespannt. In Borno gibt es über eine Million Binnenflüchtlinge, rund 400‘000 von ihnen leben heute in Maidaguri, der Hauptstadt der Region. Viele von ihnen erhalten Hilfe von der lokalen Bevölkerung, während sich fast 78‘000 Personen in 13 Lagern in der Stadt niedergelassen haben. MSF ist in vier von diesen Lagern tätig und bietet mehr als 34‘300 Menschen ärztliche Grundleistungen an. Jede Woche halten die MSF-Teams in den Apotheken der Lager Hunderte von Sprechstunden ab, meist für Kinder unter fünf Jahren. MSF stellt auch die Wasserversorgung sicher (über 2 Millionen Liter pro Monat) und hat in fünf der Lager ein Gesundheitsüberwachungssystem aufgebaut.
Da sich die Situation in den Lagern stabilisiert hat, konzentriert sich MSF nun auf die Vertriebenen, die in den lokalen Gemeinden untergekommen sind und auf die ansässige Bevölkerung selbst, damit diese ausreichend unterstützt werden. Im Gesundheitszentrum Maimusari im Distrikt Jere, einem Slum der Stadt Maiduguri, hat MSF eine Klinik errichtet, in der 120'000 Personen medizinisch versorgt werden können. Die Einrichtung beinhaltet eine Entbindungsstation mit 12 Betten sowie 60 Betten für Pädiatrie, Ernährungshilfe und Intensivpflege.

Niger

Laut dem OCHA gibt es in der Region Diffa im Südosten des Nigers zurzeit 175‘000 Vertriebene. Viele von ihnen sind erst seit Kurzem auf der Flucht, nachdem die Behörden nach einem tödlichen Angriff von Boko Haram alle Bewohner der Inseln des Tschadsees dringend aufgefordert hatten, die Region zu verlassen. Rund 25‘000 Menschen haben sich nun in zwei Lagern in den Städten Bosso und Nguigmi –  beide in der Nähe des Sees –  niedergelassen.
MSF hat in diesen Lagern mobile Kliniken errichtet, um die medizinische Grundversorgung der vertriebenen Menschen sicherzustellen und, wenn nötig, Patienten in das Spital von Diffa zu überweisen. MSF betreibt auch ein Referenzzentrum für Mutter-Kind-Versorgung in der Stadt Diffa, das eine Entbindungsstation, Pädiatrie und ein Labor umfasst. MSF unterstütz zudem drei Gesundheitszentren in den Randbezirken von Geskerou, Ngaroua und Nguigmi, wo seit Anfang 2015 bereits mehr als 16‘000 medizinische Konsultationen durchgeführt wurden, davon 65 Prozent für Kinder unter fünf Jahren.
Die Lage könnte sich in den kommenden Wochen verschlechtern, da die Regenzeit beginnt und die sanitären Anlagen in den Lagern schlecht sind. Das Risiko für einen Cholera-Ausbruch ist hoch. Zudem wird während der nahenden Hungerperiode ein sprunghafter Anstieg bei den Malaria-Erkrankungen und Mangelernährung erwartet. «Die dringendsten Bedürfnisse sind Unterkunft, Wasser, sanitäre Anlagen, Gesundheitsversorgung und Sicherheit. Allerdings arbeiten erst wenige Organisationen in dieser Gegend», so Aissami Abdou, Einsatzleiter von MSF in Diffa.

Kamerun

Auch in Kamerun, einige Kilometer östlich, bleibt die Sicherheitslage entlang der Grenze zu Nigeria aufgrund regelmässiger Übergriffe von Boko Haram unbeständig. Täglich kommen neue Flüchtlinge in die Lager, die von den lokalen Behörden der Region Extrême-Nord errichtet wurden.
«Ich bin kürzlich mit meinem Mann und vier meiner Kinder in Gawar angekommen. Die Kämpfer von Boko Haram haben unsere drei Töchter gefangen genommen. Wir wissen nichts von ihnen, wir können nur für sie beten», erzählt Emmanuelle, eine von 40'000 Flüchtlingen, die sich in den zwei Lagern von Minawao und Gawar niedergelassen haben. MSF arbeitet hier mit den nationalen Behörden und anderen humanitären Organisationen zusammen, um medizinische Grundversorgung, Wasser und sanitäre Anlagen zur Verfügung zu stellen. Zurzeit wird die Wasserversorgung im Lager grösstenteils von MSF bereitgestellt und jeden Monat werden über 500 medizinische Untersuchungen durchgeführt.
«Der Bevölkerungszuwachs durch die zahlreichen Vertreibungen ist eine grosse Gefahr für die Ernährungssicherheit in der Region», betont Hassan Maiyaki, MSF-Landeskoordinator in Kamerun. «Wir bauen zurzeit unsere Unterstützung des therapeutischen Ernährungszentrums im Spital des Distrikts Mokolo aus, wo wir kinderärztliche Leistungen und Ernährungshilfe für Flüchtlinge, interne Vertriebene und die lokale Bevölkerung anbieten.» MSF ist auch in der Stadt Kousseri an der Grenze zum Tschad tätig, wo rund 30‘000 Binnenflüchtlinge über die ganze Stadt zerstreut leben. Die Teams von MSF unterstützen die Chirurgie im Spital der Stadt, wo im Monat Mai 36 Fälle behandelt wurden.

Tschad

MSF leistet seit Ende Februar rund um den Tschadsee Hilfe für die Menschen, die von Boko Haram vertrieben wurden. Laut dem UNHCR gibt es hier bereits 18‘000 Flüchtlinge aus Nigeria, die vor der unsicheren Lage in ihrem Land geflüchtet sind. Sie kamen in eine der ärmsten Regionen des Landes mit einer niedrigen Durchimpfungsrate und einer hohen Epidemien-Gefahr.
Boko Haram ist rund um den Tschadsee aktiv und stellt für den Tschad eine Gefahr dar. Die Sicherheitslage im Land verschlechtert sich zusehends. Im Februar wurde ein Angriff auf Ngouboua ausgeübt, der Tausende Bewohner und Flüchtlinge, die dort Schutz gesucht hatten, zur Flucht bewog. Am 15. Juni kam es zu zwei Bombenangriffen in der Hauptstadt N’Djamena, die vermutlich auf Boko Haram zurückzuführen sind, bei denen 27 Menschen starben und 101 Personen verletzt wurden. MSF stellte den grössten Spitäler des Gesundheitsministeriums chirurgische und medizinische Kits zur Verfügung. Vor Kurzem organisierte MSF im Spital zudem eine Übung, bei welcher der Umgang mit einer Vielzahl von Verletzten geprobt wurde.
MSF betreibt zurzeit mobile Kliniken in Forkouloum. Pro Woche halten die Teams dort rund 850 Sprechstunden ab, hauptsächlich für Durchfall und Atemwegsinfektionen. Viele der Patienten sind tschadische Bürger, die durch die Gewalt vertrieben wurden. Ein wesentlicher Bestandteil der Tätigkeiten von MSF ist die psychologische Unterstützung. Die Teams bieten im Flüchtlingslager von Dar as Salam psychosoziale Betreuung in individuellen und Gruppen-Sitzungen an. Opfer von sexueller Gewalt werden sowohl medizinisch als auch psychologisch betreut. Bis jetzt haben die MSF-Teams 223 psychologische Konsultationen durchgeführt.
In Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden hat MSF zudem rund 6‘000 Personen in Ngouboua, Bagasola und in der Nähe von Forkouloum mit Hygiene- und Unterkunft-Kits ausgestattet, die Decken, Plastikplanen sowie Moskitonetze zum Schutz vor Malaria enthielten.

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