Die vernachlässigten Krankheiten aus der Vergessenheit holen

Les politiques de santé laissent de côté la lutte contre les maladies négligées au prétexte qu’il n’existerait pas de traitements suffisamment bons pour prendre en charge les patients.

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MSF ruft die internationale Gemeinschaft dazu auf, sich verstärkt gegen vernachlässigte Krankheiten einzusetzen. An Behandlungsmöglichkeiten fehlt es nicht.

Um erfolgreich gegen die vernachlässigten Krankheiten anzukämpfen, muss der Teufelskreis, der diese Krankheiten immer wieder in Vergessenheit drängt, durchbrochen werden. Das setzt einerseits eine Ausweitung der bestehenden Behandlungsprogramme voraus. Andererseits müssen auch die Bemühungen in der medizinischen Forschung zur Entwicklung von einfacheren und wirksameren Methoden intensiviert werden, wie der soeben von Médecins Sans Frontières / Ärzte ohne Grenzen (MSF) veröffentlichte Bericht „Fighting neglect“ (auf Engl./Frz. verfügbar) zeigt.
Die viszerale Leishmaniose (Kala-Azar) und die Afrikanische Trypanosomiasis (Schlafkrankheit) verlaufen unbehandelt noch immer tödlich. Millionen von Menschen leiden unter diesen beiden Tropenkrankheiten und der Amerikanischen Trypanosomiasis (Chagas-Krankheit), die jedes Jahr Zehntausende von Todesopfern fordern.

„Kein unabwendbares Schicksal“

„Diese Krankheiten müssen nicht als unabwendbares Schicksal hingenommen werden“, erklärt Dr. Unni Karunakara, der internationale Präsident von MSF. „Sie sind gewiss eine grosse Herausforderung, doch man kann sie behandeln und die betroffenen Patienten heilen. Man kann die vernachlässigten Krankheiten aus der Vergessenheit holen und damit Millionen von Menschenleben retten. Hierfür ist jedoch der politische Wille nötig, wirksame Programme zu finanzieren und Medikamente zu entwickeln, welche die Bekämpfung dieser Krankheiten verbessern.“
Der Bericht hält fest, dass es durchaus möglich ist, diese Krankheiten zu diagnostizieren und die betroffenen Patienten zu behandeln. Jahrzehnte der Untätigkeit auf internationaler Ebene haben jedoch dazu geführt, dass viele Chancen verpasst wurden.

Mangelndes Engagement

„Wir stecken in einem Teufelskreis“, erklärt Gemma Ortiz, Expertin von MSF für vernachlässigte Krankheiten. „Die Gesundheitspolitik nimmt den Kampf gegen diese Krankheiten gar nicht erst auf, meist mit dem Argument, es gebe keine genügend wirksamen Mittel dagegen. Die Pharmaunternehmen investieren nicht in die Forschung und Entwicklung besserer Produkte, da praktisch nur die ärmsten Menschen der Welt von diesen Krankheiten betroffen sind und dies somit kein lukrativer Markt ist. Aus diesem Teufelskreis müssen wir ausbrechen.“
So müssen beispielsweise die besten Behandlungsmöglichkeiten gegen Kala-Azar auch auf dem indischen Subkontinent verfügbar werden. Unter anderem muss der Zugang zu Medikamenten auf der Basis von liposomalem Amphotericin B verbessert werden.

Ein Medikament aus den 30er Jahren

Ebenso muss die Entwicklung neuer Diagnostikmethoden und sichererer Behandlungen gefördert werden, die auf den Bedarf der Patienten abgestimmt sind und auch eine Behandlung in abgelegenen Gebieten ermöglichen, wo die meisten Betroffenen leben. Der Grossteil der verfügbaren Tests und Medikamente ist veraltet und benötigt speziell ausgebildetes Personal sowie eine aufwendige Logistik, was die Fortschritte im Kampf gegen diese Krankheiten entscheidend behindert. So wird beispielsweise Kala-Azar in Ostafrika noch immer mit einem toxischen Medikament aus den 30er Jahren behandelt, das zahlreiche schmerzhafte Injektionen notwendig macht.
2009 kam zum ersten Mal seit 25 Jahren ein neues Mittel zur Behandlung fortgeschrittener Stadien der Schlafkrankheit auf den Markt kam – was gewiss ein Fortschritt ist. Doch noch immer sind 14 Infusionen nötig, die nur in einem Spital vorgenommen werden können. Der Erfolg im Kampf gegen diese Krankheit hängt von einem wirksamen, sicheren Medikament ab, das in der ambulanten Sprechstunde oral eingenommen werden kann.

Grössere Aufmerksamkeit, aber keine konkreten Resultate

Ermutigend ist, dass das internationale Interesse für vernachlässigte Tropenkrankheiten zugenommen hat. Im Januar 2012 veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in London eine Roadmap, wie bestimmte vernachlässigte Krankheiten bekämpft und eliminiert werden sollen. Diese Roadmap wird von der „Bill and Melinda Gates Foundation“ sowie von Geberländern wie den Vereinigten Staaten und Grossbritannien unterstützt.
Doch an konkreten Resultaten fehlt es bisher. Noch wurden keine reellen Bemühungen zur Ausweitung der Behandlungsprogramme unternommen. Die Roadmap bringt weder neue Lösungen noch zusätzliche Finanzmittel, um die wirksamsten der bereits bestehenden Aktivitäten gegen die Chagas-Krankheit und die Schlafkrankheit weiter zu verstärken. Ausserdem haben sich kürzlich die Vereinigten Staaten und Europa innerhalb der WHO gegen ein Projekt zur Förderung der medizinischen Innovation im Bereich vernachlässigte Krankheiten gestellt. Ziel dieses Projekts war die Schaffung einer neuen weltweiten Struktur, mit der die Forschung und Entwicklung besser auf die Bedürfnisse von Patienten in armen Ländern ausgerichtet werden sollte. 

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